Sie werden sich vielleicht fragen: Was hat Business Analyse mit Projektmanagement zu tun?
Der folgende Artikel liefert Ihnen die klare Antwort: Jede Menge!
Denn durch Business Analyse lassen sich in den Projekten Kosten einsparen und Risiken verringern. Und das sind die Aspekte im Projekt, die wirklich jeden Projektmanager interessieren!
Außerdem erfahren Sie,
- was im Zentrum der Business Analyse steht
- Worin sich die Business Analyse vom klassischen Requirement-Management unterscheidet
- Welche Ausbildungsmöglichkeiten bestehen
- Was sie kosten
- Und warum sich Ihr Investment lohnt
Wenn Projekte Ihre Ziele nicht erreichen
Wussten Sie, dass die Anzahl der Projekte, die ihre Ziele nicht erreichen bei knapp über 50% liegt?
Laut CHAOS Report der renommierten Standish Group gehört zu den Top Gründen fehlerhafte oder unvollständige Anforderungen und zu wenig involvierte Stakeholder.

Bild 1: Die Top Gründe, warum 53% der Projekte nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnten (Quelle: CHAOS Report by The Standish Group, 2014, 365 Respondents)
Zwar können die Hälfte aller Projekte abgeschlossen werden. Aber nur 16% erreichen Ihre Ziele auch wirklich vollständig. Die Restlichen 53% gelten als „challenged“.
Und genau hier setzt die Business Analyse an. Als Brückenbauer zwischen Stakeholder, Requirements und Strategie hat sie enormes Potential, Projekte erfolgreicher und effizienter zu gestalten.
Definition: Der Begriff Business Analyse wurde – wie so vieles in diesem Bereich – im englischsprachigen Raum geprägt. Als eigener Bereich gehört die Business Analyse in den USA, Kanada und England bereits schon seit längerem zum Projektmanagement-Alltag. In Europa sind die Aufgaben und Ansätze der Business Analyse meist noch in andere Bereichen integriert – klassischerweise in das Requirements- oder Portfoliomanagement.
Unterschiede zwischen Requirements Engineering und Business Analyse
Beim Wort Requirements denken nun viele zunächst an Requirements Engineering. Das ist grundsätzlich richtig, denn Business Analyse und Requirements Engineering haben eine große Schnittmenge.

Bild 3: Business Analyse und Requirements Engineering sind eng miteinander verflochten und sollten nicht getrennt betrachtet werden
Allerdings greift Business Analyse deutlich weiter als Requirements Engineering.
Der Fokus liegt weniger auf den technischen Lösungsanforderungen als auf den Geschäftsanforderungen. Anforderungen, die im Idealfall direkt von den strategischen Unternehmenszielen abgeleitet sind.
Was hat das mit Projektmanagement zu tun?
Die Business Analyse liefert den Business Case für die Investition in ein Projekt, und damit auch die klar formulierten Projektziele. Und die Business Analyse überprüft, ob diese Projektziele erreicht werden, auch lange nachdem das Projekt schon abgeschlossen ist.
Projekt- und Portfoliomanager sprechen hier auch gerne vom sogenannten Benefits Realization Management. Das ist der Nachweis, dass der versprochene Nutzen durch ein Projekt realisiert worden ist.
Eben gerade weil hier eine so große Verflechtung stattfindet, müssen Business Analyse, Requirement Engineering und Projektmanagement möglichst ganzheitlich betrachtet werden. Nur so lässt sich mit Projekten nachhaltiger Unternehmenserfolg erreichen.
Was steht im Zentrum der Business Analyse?
Während man Projektmanager oft in Unternehmen antrifft, sucht man nach Business Analysten meist vergeblich. Nichtsdestotrotz werden die Aufgaben, die unter dem Begriff Business Analyse zusammengefasst sind, natürlich auch dann ausgeführt, wenn keine expliziten Business Analysten zugegen sind.
Schließlich geht es bei der Business Analyse darum:
- Innovationen voranzutreiben,
- Geschäftsprozesse zu verbessern,
- zukünftige Projekte zu bewerten und
- den realisierten Nutzen zu verstehen und zu optimieren.
All das sind Aufgaben, die zweifelsohne direkten Einfluss auf Umsatz und Gewinn eines Unternehmens haben.
Im Umkehrschluss bedeutet das: eine schwache Business Analyse führt zu Verlusten oder verhindert, dass Potentiale des Unternehmens identifiziert und ausgeschöpft werden können.
Business Analysten haben deshalb im Unternehmen auch das „Big Picture“ im Blick.
- Sie verstehen die Requirements der Stakeholder im Unternehmenskontext und
- bringen sie in Einklang mit taktischen und strategischen Unternehmenszielen.
Dies geschieht über Projektgrenzen hinweg, sodass einmal geschaffene Funktionen und Prozesse von mehreren Projekten verwendet und dadurch Kosten eingespart werden.
„Dem Projektmanager geht es darum, das Projektziel zu erreichen (Output)- der Business Analyst konzentriert sich auf den langfristigen Nutzen, den das Projekt abwirft (Outcome).“
Im Gegensatz zum Projektmanager, der in erster Linie sein Projekt „nach Hause“ bringen will, ist der Business Analyst nachhaltiger orientiert. Oft dem Fachbereich sehr nahe stehend, hat er immer den langfristigen Nutzen im Auge, den Projektergebnisse stiften sollen.
Ein klassisches Beispiel:
Ein Unternehmen benötigte im Zuge der Digitalisierung ein Vertragsmanagementsystem.
Bisher wurden mit hohem manuellem Arbeitsaufwand hunderte Verträge mit Excel, Word und SharePoint gemanagt. Digitalisierte Workflows gab es nicht.
Ein Business Analyst würde jetzt:
- zunächst die Arbeitsabläufe und Use Cases der Mitarbeiter analysieren und
- versuchen zu verstehen, was Mitarbeiter und Unternehmen wirklich benötigen.
Stattdessen wurden Angebote von Softwareherstellern eingeholt und diese zu Vertriebspräsentationen eingeladen.
Letztendlich entschied man sich – aus politischen Gründen und wegen der vorhandenen Kundenbindung – für eine Erweiterung eines Systems aus der Buchhaltung.
Das Problem:
- Die Erweiterung konnte die wirklichen Anforderungen der Mitarbeiter im Vertragsmanagement leider nur mangelhaft erfüllen.
- Durch die schlechte Benutzbarkeit (Usability) wurde des neuen Systems nicht akzeptiert.
Das Projekt scheiterte und das Unternehmen bearbeitet bis heute mit hohem manuellem Aufwand seine Verträge.
Wie werden Business Analysten ausgebildet?
Gute Ausbildungsprogramme orientieren sich eng an den globalen Standards der führenden Business Analyse und Projektmanagement-Organisationen:
- Das International Institute of Business Analysis (IIBA)® bietet dabei das umfassendste Programm für Business Analysten: Das Top-Zertifikat Certified Business Analysis Professional (CBAP)® ist global anerkannt, allerdings gibt es mit ca. 6500 Zertifikatsinhabern immer noch recht wenige, die diese Prüfung abgelegt haben
- Das Project Management Institute (PMI)® hat 2014 ebenfalls ein Zertifikat für Business Analyse herausgegeben, das Zertifikat Professional in Business Analysis (PMI-PBA)®, das vom Niveau her durchaus vergleichbar ist mit den IIBA Zertifikaten. Die hier zu erwartende Verbreitung ist sehr vielversprechend, wegen der großen Anzahl PMPs, die sich nun auch mehr und mehr intensiv mit Business Analyse beschäftigen.
Vergleicht man diese Entwicklungen mit dem populärsten globalen Zertifikat für Projektmanagement, dem Project Management Professional (PMP)®, das mittlerweile über 700.000-mal weltweit vergeben wurde, zeigt sich wie jung die Business Analyse noch ist.
Die IIBA baut ihr Zertifikatsprogramm gerade von zwei Stufen auf vier Stufen aus, sodass nun auch für Berufseinsteiger und sehr erfahrene Senior Analysten weitere Karriereoptionen neben den Standardzertifikaten CCBA und CBAP verfügbar sein werden.
Wie hoch sind die Investitionen in die Ausbildung?
Eine schnelle Antwort lautet drei Monate für Zertifikate beider Assoziationen, IIBA und PMI.
Die Kosten liegen bei 400 bis 500 Euro, das ist übrigens bei allen hier genannten Zertifikaten recht ähnlich. Die Bandbreite der notwendigen Vorbereitungsstunden liegt typischerweise zwischen 100 und 200 Stunden.
Warum es sich lohnt, in den Bereich Business Analyse zu investieren
Wird die Rolle des Business Analysten im Unternehmen etabliert und durch ein professionelles Ausbildungsprogramm unterstützt, wächst nach und nach das Bewusstsein für diese Aufgaben.
Das wiederum hat Kosteneinsparungen, Umsatz- und Gewinnsteigerungen zur Folge. Denn ein professionell ausgebildeter Business Analyst unterstützt das Projektgeschäft durch effizientere, unternehmensweit vereinheitlichte und auch wirksamere Vorgehensweisen.
Projekte treffen ihre Ziele genauer und Nachbesserungen werden kleiner und seltener wenn Business Analysten Brücken bilden zwischen den Fach- und Entwicklungsabteilungen.
Zusammenfassung
In diesem Artikel haben Sie erfahren, welche Bedeutung die Business Analyse für den nachhaltigen Erfolg von Projekten hat. Sie hilft:
- Innovationen voranzutreiben,
- Geschäftsprozesse zu verbessern,
- zukünftige Projekte zu bewerten und
- den realisierten Nutzen zu verstehen und zu optimieren.
Außerdem kennen Sie nun den kleinen aber erheblichen Unterschied zwischen Business Analyse und klassischem Requirements Engineering:
- Business Analyse stellt die Geschäftsanforderungen in den Mittelpunkt
- Requiremens Engineering adressiert hingegen eher die technischen Lösungsanforderungen im Rahmen von Projekten.
Zuletzt haben Sie einen Überblick über aktuelle Ausbildungsmöglichkeiten bekommen. Sie wissen, was eine Ausbildung zum Business Analysten ca. kostet und warum es sich lohnt, in die Ausbildung zu investieren.
Der Autor dieses Gastartikels:
Herr Wendt ist Gründer der masVenta GmbH und leitete über 20 Jahren viele große Software-Integrations-Projekte z.B. bei SAP, BMW, beim Deutschen Bundestag Berlin und bei Vodafone Deutschland. Außerdem wurde er seit 2009 kontinuierlich als Projektleiter von E.ON Global Commodities SE in Düsseldorf bestellt.
Herr Wendt ist Certified Business Analysis Professional, CBAP®, Project Management Professional, PMP®, Professional in Business Analysis, PMI-PBA, und Scrum Certified Trainer, SCT- und Präsident des Germany Chapter des International Institute of Business Analysis.
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Hinweis: Dieser Gastartikel gibt die Meinung des Autors wieder. Fragen posten Sie bitte gerne im Kommentarbereich unten. Herr Wendt wird diese kurzfristig beantworten.
Ein Kommentar
Gott Sei Dank, dass jemand endlich entschieden hat so einen Beitrag zu schreiben und uns möglich kurz erklären was Business Analyse mit Projektmanagement zu tun hat.