Haben Sie sich gefragt, warum es mehr männliche als weibliche Projektmanager gibt? Denken Sie darüber nach, wie man mehr sogenannte Womenomics für das Projektmanagement begeistern kann? Frauen sind nämlich eine äußerst wertvolle, aber bislang noch nicht vollständig ausgeschöpfte Ressource für das Projektmanagement und hier erfahren Sie, wieso das so ist und wie man das ändern kann.
- Womenomics – Definition
- Die Projektmanagerin – eine Bestandsaufnahme
- „Männerdomäne“ Projektmanagement?
- Der Gehaltsvergleich von Frauen im Projektmanagement
- Frauen tun Projekten und Unternehmen gut
- Mehr Diversität im Projektmanagement
- Zusammenfassung & Tipps für Womenomics & mehr Gender Diversity im Projektmanagement
In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick über die berufliche Situation von Frauen im Projektmanagement (Statistiken und Erlebtes). Lesen Sie mehr über konkrete Maßnahmen, wie man den Anteil von Frauen im Projektmanagement erhöhen kann. Los geht’s!
Womenomics – Definition
„Womenomics“ – der Female Shift in der Wirtschaft – ist ein zu langer vernachlässigter globaler Megatrend. Daher hat der japanische Premierminister Shinzō Abe dieses Phänomen im Jahr 2013 auf den Begriff gebracht: Er signalisierte das erklärte Ziel der politischen Führung Japans, die Gleichberechtigung von Frauen ins Zentrum der japanischen Wirtschafts- und Wachstumsstrategie zu rücken. Ziel war seinerzeit, 30 % der Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Zudem sollte die weibliche Erwerbsquote im Alter von 25-44 Jahren von 68 % auf 73 % bis zum Jahr 2020 gesteigert werden. Oder kurz: Die nach wie vor schlummernden Reserven des Produktionsfaktors „weibliche Erwerbskraft“ für die Wirtschaftsleistung und –entwicklung nutzbar zu machen.
Es geht jedoch um Mehr als nur darum, Potenziale zu nutzen: Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt und vor allem die Karrieremöglichkeiten sind nicht nur eine volks- und betriebswirtschaftliche Frage, sondern mindestens ebenso sehr eine gesellschaftliche. Kaum ein Staat und kaum ein Unternehmen kann es sich leisten auf 50 % der Arbeitskraft zu verzichten, der zudem meist sehr gut ausgebildet ist. Und keine Gesellschaft kann verantworten, der Hälfte seiner Bevölkerung die gleichen Entwicklungschancen wie der anderen Hälfte vorenthalten. Gender Diversity ist damit längst kein Nischenthema mehr. Es ist im politischen und wirtschaftlichen Mainstream und in den Entscheidungsprozessen als wichtige Größe angekommen. Doch wie steht es nun um Gender Diversity und Womenomics im Projektmanagement?
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Die Projektmanagerin – eine Bestandsaufnahme
Die Datenlage zur Situation von Frauen im Projektmanagement ist lückenhaft – um es vorsichtig auszudrücken. Verfügbare Statistiken des Project Management Institute (PMI) gehen beim Thema Frauen im Projektmanagement von einem weltweiten Anteil von ca. 20-30 % aus. Die letzte Studie der in Deutschland ansässigen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) aus dem Jahr 2014 kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: demnach sind ca. 30 % der deutschen Projektmanager weiblich. Dabei gibt es eine gute Nachricht: Die Tendenz ist steigend!
Die meisten weiblichen Karrieren im Projektmanagement entstehen „zufällig“. Oder anders gesagt: die wenigsten Hochschulabsolventinnen strebten ursprünglich eine Projektmanagementkarriere an. Die überwiegende Mehrzahl hat zunächst in Fachpositionen begonnen und ist mit der Zeit in den Beruf der Projektmanagerin hineingewachsen. Dieser Perspektiv- und Verantwortungswechsel geht regelmäßig mit Weiterbildungsmaßnahmen einher: Mit Übernahme der ersten Projektverantwortung beginnen Frauen zunehmend, sich für das neue Tätigkeitsfeld auch formal zu qualifizieren, z.B. durch zertifizierte Fortbildungen.
Die berufliche Zufriedenheit ist dabei durchaus gegeben: Projektmanagerinnen schätzen
- die Einzigartigkeit von Projekten.
- an der Erreichung eines Ziels gemeinsam mit anderen Menschen zu arbeiten und dadurch konkrete Ergebnisse zu erzielen.
- die Zusammenarbeit mit verschiedenen Teams und Kunden.
„Männerdomäne“ Projektmanagement?
Geschlechtsspezifische Herausforderungen, ja Hürden gehören damit jedoch keineswegs gänzlich der Vergangenheit an. Projektmanagement ist nach wie vor eine „Männerdomäne“. Entsprechend häufig berichten weibliche Führungskräfte davon, sich erst einmal durchsetzen und mit gängigen Stereotypen aufräumen zu müssen. Auch fehlt es an weiblichen Vorbildern. Schließlich stehen Frauen immer noch in stärkerem Maße als Männer vor der Herausforderung, Beruf und Privatleben im Projektalltag miteinander zu vereinbaren.
Der Gehaltsvergleich von Frauen im Projektmanagement
Die Arbeit im Projektmanagement ist auch für Frauen durchaus lukrativ – allerdings nicht so, wie für männliche Kollegen. Erst in diesem Jahr hat die GPM die 7. GPM Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement veröffentlicht. Im Durchschnitt verdient ein Projektmanager rund 87 T€ in Deutschland; sein weibliches Pendant rund 11% weniger. Der PMI Salary Report von 2020 kommt sogar auf ein Gap von satten 16 % in Deutschland. Dabei wächst der Gender Pay Gap mit der Verantwortung bzw. Seniorität: In den höchsten Projektmanagementstufen liegt er bei sage und schreibe 26,3 %, während Frauen im Einstiegslevel „nur“ eine Gehaltslücke von 4,7 % hinnehmen müssen.
Hier bietet sich die intuitive Erklärung an, dass Frauen und Männer mit zunächst gleichen Voraussetzungen und Qualifikationen ins Berufsleben starten. Das danach aufklaffende Gehaltsgefälle könnte sowohl Folge der Entscheidung für eine Familie der Frauen und damit einhergehend auch die Entscheidung, weniger Zeit für den Beruf aufzubringen, sein. Denkbar sind aber auch andere Hintergründe, die Frauen an einem Aufstieg hindern, wie die Scheu vor zunehmender Sichtbarkeit und Verantwortung, die mit der Übernahme von Leitungspositionen einhergeht.
Zum internationalen Vergleich: der Gender Pay Gap im Projektmanagement liegt in
- Großbritannien bei ca. 14 %,
- 11,5 % in Frankreich,
- 10 % in den USA und
- bei 5,5% in der Schweiz, welches das Land mit den höchsten Gehältern für Projektmanager und Projektmanagerinnen ist.
Frauen tun Projekten und Unternehmen gut
Die Arbeitswelt wandelt sich weiter und setzt dabei ihre Entwicklung hin zu einer „Project Economy“ fort. Der Anteil von Projektarbeit an der Gesamtwertschöpfung betrug in Deutschland bereits im Jahr 2019 ca. 40 %. Bis zum Jahr 2027 soll der Bedarf an Projektmanagern weltweit um 33 % steigen. Der Schlüssel zu Wettbewerbsvorteilen in dieser neuen Arbeitswelt ist leistungsfähiges und -williges Personal dar. Nur so lassen sich Projekte erfolgreich abzuschließen. Frauen im Projektmanagement werden damit weiter an Bedeutung gewinnen. Dabei bringen sie schon längst Mehrwert und sind deshalb für Projekte kein nice-to-have, sondern ein Business Case.
Mehr Diversität im Projektmanagement
Es ist allgemein bekannt, dass Diversität im Projektmanagement – auch hinsichtlich der gender balance – zu besseren Projektergebnissen und einer nachhaltigen Verankerung des Projektes in den betreffenden Unternehmen und Organisationen führt. In Projekten können Frauen ihre Stärken ausspielen, d.h. sie können Menschen zusammenbringen und die Arbeit an einem gemeinsamen Ergebnis vorantreiben. Sie können schnelle und pragmatische Lösungen für komplexe Fragestellungen finden und gut kommunizieren. Gerade letzteres ist ein kritisches Asset im Projektmanagement.
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Zusammenfassung & Tipps für Womenomics & mehr Gender Diversity im Projektmanagement
Auch Sie können dazu beitragen, den Frauenanteil im Projektmanagement weiter zu steigern. Abschließend einige plakative Beispiele als best-practice:
- Sichtbarkeit des Tätigkeitsfeldes „Projektmanagerin“ und Frauen im Projektmanagement erhöhen
Tätigkeitsfelder und die positiven Beiträge, die besonders Frauen leisten können, sollten klar kommuniziert werden. Folgende Fragen sind für viele (junge) Frauen noch nicht ausreichend geklärt:
- Wie sieht der Alltag einer Projektmanagerin aus?
- Was sind die guten Seiten und was die Herausforderungen?
- Wie wird Frau Projektmanagerin?
Neben den Bemühungen des PMI Institute, der IPMA und GPM ist hier vor allem die jährliche „Celebrating Women in Project Management“ Initiative der australischen Autorin Elise Stevens als Vorbild zur Nachahmung zu empfehlen. Stevens portraitiert über 150 Tage im Jahr erfolgreiche Frauen im Projektmanagement. Sie stellt diese in den sozialen Medien vor. Auch das Buch von Autorin Sarah Ipek Ozguler, die 29 Projektmanagerinnen weltweit interviewt hat, zeigt exemplarische Karrierepfade erfolgreicher Projektmanagerinnen auf. Aber auch Aspirantinnen selbst können über Personal Branding in sozialen Netzwerken auf sich und ihren Beruf aufmerksam machen.
- Schaffung und Förderung von Vernetzungsmöglichkeiten
Projektmanagerinnen wollen und müssen sich mit anderen Vertreterinnen des Berufsstandes austauschen und vernetzen, um voneinander zu lernen und einander zu unterstützen. In Deutschland bietet bisher vor allem die GPM mit den PM-Expertinnen ein Forum für weibliche Projektmanagerinnen. Unternehmen können, ja sollten auch innerhalb der eigenen Organisation ähnliche Foren für Austausch und interne Netzwerkpflege etablieren.
Neben der reinen Vernetzung können Projektmanagerinnen in eine Mentoringbeziehung eintreten (das funktioniert übrigens auch geschlechterübergreifend). Beim Mentoring geht es noch viel mehr als beim reinen Netzwerken darum, gegenseitig neue Möglichkeiten des Lernens und Wachsens zu ermöglichen. Mittlerweile gibt es in Deutschland einige Mentoring-programme, von denen Mentorme sicherlich die größte und erfolgreichste Community ist.
Auch wenn es also erfolgversprechende Ansätze gibt, ist hier noch deutlich Luft nach oben. Es bleibt zu hoffen, dass die bisher bei Weitem noch nicht ausgeschöpften Reserven der „Womenomics“ erkannt und genutzt werden, um das in diesem Megatrend schlummernde Potenzial für die wirtschaftliche, aber eben auch gesellschaftliche Entwicklung voll zur Entfaltung zu bringen.
Was sind Ihre Erfahrungen mit Womenomics im Projektumfeld? Sind Sie davon betroffen und was sehen Sie als besonderen Vor- und Nachteil? Bitte sagen Sie uns Ihre Meinung im Kommentar.
Antje Lehmann-Benz (PMP, PMI-ACP, PSM Expertin / Trainerin für Agile Methoden) – Antje Lehmann-Benz, PMP, ist Trainerin für Projektmanagement mit einem besonderem Schwerpunkt auf agilen Themen und Scrum Seminaren. Außerdem hat sie Erfahrung in Software-Trainings (JIRA, Confluence) und -Beratung. Neben der Vermittlung von Frameworks und theoretischen Inhalten hat sie Erfahrung in der Anwendung von Agile Games und praktischen Übungen zur Vertiefung der gelernten Inhalte.
Mehr über Antje Lehmann-Benz auf Linkedin oder Xing.
Darya Schwarz-Fradkova (Beraterin für Projekt- und Veränderungs- management) – Aktuell berät Darya Schwarz-Fradkova öffentliche Auftraggeber. Zuvor hat sie im privatwirtschaftliche Kunden beraten. Zudem betreibt sie einen Blog zu Frauen im Projektmanagement, der zum Ziel hat, Frauen in diesem Berufsfeld sichtbarer zu machen.
Mehr zu Darya Schwarz-Fradkova auf LinkedIn.
Verwendete Quellen
Artikel:
- Womanomics: Frauen erobern die Arbeitswelt
- Womenomics und die japanische Realität
- Women in Project Management: Future Perspectives
- Women Project Managers: the exploration of their job challenges and issue selling behaviors
Studien:
- PMI: Earning power, Salary Report 2020
- GPM Gehaltsstudie (2019)
- PMI: A case for diversity (2020)
- Studie zur aktuellen Situation von Frauen im Projektmanagement der GPM (2014)
- PMI: Pulse of the profession (2020)
Bücher:
- Ozguler, Sarah Ipek (2019): The Perspective of Women Project Management Professionals
Ein Kommentar
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