Im Multiprojektmanagement-Umfeld gilt: Ressourcen in Form von Budgets und Mitarbeitern werden meist von verschiedenen Projekten gleichzeitig benötigt. Zudem hängen die Projekte oft voneinander ab oder schließen sich sogar gegenseitig aus. Um hier die Übersicht zu behalten und steuernd zu wirken, benötigen Sie dringend ein gutes Projektportfoliomanagement.
In diesem Artikel erhalten Sie deshalb wertvolle Entscheidungshilfen: In sieben Schritten lernen Sie, wie Sie am schnellsten zu einem funktionierenden und akzeptierten Projektportfoliomanagement in Ihrem Unternehmen kommen.
- Projektportfoliomanagement-Aufgaben und schrittweises Vorgehen
- Schritt 1: Definieren Sie Kriterien für Projekte – die Projektwürdigkeitsanalyse
- Schritt 2: Definieren Sie einen Prozess für die Projektinitiierung
- Schritt 3: Bestimmen Sie ein Verfahren für die Priorisierung
- Schritt 4: Starten Sie mit der vollständigen Übersicht laufender Projekte
- Schritt 5: Vergleichen Sie neue Projekte mit den verfügbaren Rest-Kapazitäten und -Budgets
- Schritt 6: Behalten Sie die Projektabwicklung ständig im Auge
- Schritt 7: Beenden Sie Projekte mit einem geregelten Abschlussprozess
- Zusammenfassung der Schritte zum Projektportfoliomanagement
Los geht’s mit einer Definition von Projektportfoliomanagement.
Projektportfoliomanagement Definition
Das Ziel von Projektportfoliomanagement ist, im Unternehmen an den richtigen Projekten zu arbeiten – also die optimale Mischung an Projekten zum Erreichen der Unternehmensziele zu schaffen. Das umfasst das Beurteilen der Projektpipeline, die Auswahl der Projekte anhand ihrer Dringlichkeit / Wichtigkeit und dann die Zuordnung der meist begrenzten Ressourcen (Mitarbeiter, Zeit und Geld). Zudem ist das Überwachen des Fortschritts und der Zielerreichung der unternehmensweiten Projekte Bestandteil. Das Portfoliomanagement ist eine regelmäßige Aufgabe, die meist von einem PMO unterstützt wird.
Oft wird auch noch gefragt:
Was ist der Unterschied zwischen Multiprojektmanagement und Projektportfoliomanagement?
Die Definition oben zeigt, dass es beim Projektportfoliomanagement um eher strategische Aspekte des unternehmensweiten Projektportfolios geht. Dagegen unterscheiden wir das Multiprojektmanagement als eine Teilmenge aller unternehmensweiten Projekte, die z.B. nur die Projektliste eines Unternehmensbereichs umfasst und keinem Programm (vgl. „Programmmanagement“) zugeordnet ist. Eine allgemeingültige Definition der beiden Begriffe gibt es aber nicht.
Projektportfoliomanagement-Aufgaben und schrittweises Vorgehen
Wenn Sie ein Portfolio an Projekten beurteilen wollen, dann müssen Sie Informationen zu jedem einzelnen Projekt haben. Anhand dieser Faktoren erfolgt dann die Einstufung Ihrer Projekte.
Stellen Sie anfänglich zu jedem Projekt die folgenden Fragen:
- Welche strategische Relevanz hat das Projekt?
- Wieviel kostet es?
- Wie hoch ist der Ressourcenbedarf?
- Welche Termine müssen eingehalten werden?
Die Herausforderungen von Projektportfoliomanagement sind es dann, in der Regel anhand strategischer Kriterien („Business Driver“), die optimale Kombination Ihrer Projekte im Portfolio zu ermitteln. Sie entscheiden also, welche Projekte Sie durchführen sowie welche weniger wichtig sind und deshalb warten müssen.
Wie Sie diese Projektportfoliomanagement-Aufgaben praktisch umsetzen, das erfahren Sie detailliert in den folgenden sieben Schritten.
Extra Download: So kommen Sie in 7 Schritten zum Projektportfoliomanagement (PDF)
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Schritt 1: Definieren Sie Kriterien für Projekte – die Projektwürdigkeitsanalyse
Nicht alle Vorhaben sind Projekte. Vieles kann auch im Rahmen von Linientätigkeiten abgewickelt werden. Die Projektwürdigkeitsanalyse legt fest, ab wann ein Vorhaben als Projekt zu behandeln ist.
Dabei kann auch nach der Projektart unterschieden werden (Klein- / Normal- / Großprojekt), um die einzusetzenden Methoden zu definieren.
Legen Sie fest, ab wann ein Vorhaben als Projekt anzusehen ist. Erst dann ist es in den Auswahlprozess für das Projektportfolio aufzunehmen.
Gestalten Sie Ihre individuelle Projektwürdigkeitsanalyse gemäß Ihren Anforderungen. Mögliche Kriterien dafür können sein:
- Anzahl involvierter Unternehmensbereiche
- Größe des Projektteams
- Personalaufwand
- Höhe der Investitionen
- Dauer
- Inhaltliche Komplexität Neuartigkeit für das Projektteam
- Qualitätsrisiko
- Außenwirkung
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Schritt 2: Definieren Sie einen Prozess für die Projektinitiierung
Sie sollten auf jeden Fall sicherstellen, dass alle intern und extern beantragten Projekte in die Auswahl des Portfolios einfließen. Dafür definieren Sie einen einheitlichen Prozess zur Initiierung von Projekten.
Nutzen Sie am besten eine zentrale Ideenmanagement-Software zum standardisierten Erfassen von Aufgaben, Ideen und Projektanfragen. Legen Sie ein methodisches Vorgehen mit Workflows, Berechtigungen und Kriterien für die Genehmigungsschritte fest.
Lesetipp: Wie Sie Ideenmanagement einführen – Vorteile und Erfolgsfaktoren
Und sorgen Sie für eine geeignete Planungsqualität von neuen Projekten.
Finden Sie beim Projektportfolio-Prozess Antworten auf diese Fragen:
- Wie werden Projektanträge oder -ideen eingesammelt?
- Wie werden die möglichen Projekte bewertet?
- Wie werden sie genehmigt, wer spielt dabei welche Rolle?
- Welche Werkzeuge sollen dafür genutzt werden?
- Wie wird sichergestellt, dass alle Betroffenen davon wissen und den Prozess leben?
- Wie stellen Sie die Qualität der Grobplanung der neuen Projekte sicher?
Tipp: Gestalten Sie den Prozess so einfach wie möglich, um die Akzeptanz zu sichern. Das gilt vor allem wenn Sie als PMO Projektportfoliomanagement betreiben: Setzen Sie zusätzlich auf Change Management, um die Akzeptanz noch weiter zu steigern.
Schritt 3: Bestimmen Sie ein Verfahren für die Priorisierung
Die nächste der Projektportfoliomanagement-Aufgaben ist die Priorisierung von Projekten. Diese ist keine einmalige Aktion: Ändern sich die Umstände, so müssen Sie Ihre Prioritäten anpassen. Die strategische Relevanz der Projekte kann durch gewichtete Zuordnung sogenannter „Business-Treiber“ ermittelt werden.
Diese Treiber müssen von der Bedeutung her sauber getrennt und eindeutig sein. Mögliche Treiber sind beispielsweise:
- die Steigerung der Produktqualität
- eine höhere Kundenzufriedenheit
- die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit
- eine höhere Kosteneffizienz
- die Expansion in neue Märkte
Die Treiber müssen zudem aus strategischer Sicht vollständig sein. Vollständig heißt in diesem Falle, dass Sie so wenige Treiber wie möglich, aber so viele wie nötig festlegen sollten, um die Ausrichtung korrekt abbilden zu können.
Anschließend bestimmen Sie die Wichtigkeit der Treiber untereinander.
Tipp: Wählen Sie mindestens 3 Treiber, aber weniger als 10. Damit gewährleisten Sie die gute
Handhabung und einen aussagekräftigen Überblick auf einer sinnvollen Basis.
Schritt 4: Starten Sie mit der vollständigen Übersicht laufender Projekte
Zuerst erfassen Sie alle laufenden Projekte mit ihren wesentlichen Informationen. Nutzen Sie dafür eine zentrale, datenbankgestützte Liste in Ihrer Projektmanagement-Software. Die benötigten Informationen sollten mindestens beinhalten:
- Start
- Ende
- Aufwand
- Kosten
- Sponsor
- Projektleiter
Ordnen Sie den vorhanden Projekten die jeweils relevanten strategischen Business-Treiber zu.
Prüfen Sie dann, ob auch wirklich der meiste Aufwand in die wichtigsten Projekte fließt. Stellen Sie dazu die Wichtigkeit der Treiber den entsprechenden Aufwänden der zugeordneten Projekte gegenüber.
Identifizieren Sie unwichtige Projekte, die vielleicht besser gestoppt werden. Das kann Mittel für wichtigere neue Projekte frei machen.
Tipp: Den monetären Nutzen eines Projektes darzustellen, ist sehr schwer, wenn es keine direkten Einnahmen verursacht. Starten Sie daher besser mit dem Fokus auf der Wichtigkeit, die sich aus den strategischen Treibern ergibt. Die Ergänzung einer monetären Bewertung kann später erfolgen.
Das Projektportfolio kann auch in Projekte mit Einnahmen und ohne Einnahmen geteilt werden.
Schritt 5: Vergleichen Sie die Planung neuer Projekte mit den verfügbaren Rest-Kapazitäten und Budgets
Als nächsten Schritt fügen Sie dem Portfolio laufender Projekte Ihre Liste an gewünschten zusätzlichen Projekten hinzu. Eine geeignete Portfoliomanagement-Software unterstützt dabei optimal durch transparente Übersicht zu Projekten und Ressourcenauslastung im betrachteten Zeitraum.
Vergleichen Sie die Aufwands- und Kostenplanung der neuen Projekte mit den verfügbaren Rest-Kapazitäten und -Budgets. Es gilt herauszufinden, wann welches Projekt gestartet werden kann.
Dafür ist es nötig, dass Sie die neuen Projekte grob aufplanen, damit der Ressourcenbedarf entlang der Zeitachse ersichtlich wird. Die Planung sollte dabei nicht auf Personenebene, sondern auf Skill-Ebene erfolgen. So wird der Aufwand geringer gehalten.
Natürlich müssen auch die neuen Projekte den strategischen Treibern zugeordnet werden. Nur so ist es einfach möglich, die neuen Projekte zu priorisieren, die den höchsten Strategiebeitrag haben.
Erst zum Füllen von Lücken können am Ende auch kleine Projekte mit niedrigem Strategiebeitrag eingeplant werden.
Tipp: Planen Sie so grob wie möglich, aber so fein wie nötig. Nötig ist bei diesem Schritt nur
wenig. Es gilt der Satz: Besser vollständig und grob planen, als unvollständig und zu detailliert.Das heißt, lieber planen Sie ALLE neuen Projekte mindestens grob in der Übersicht, als dass
einige fehlen. Denn dann ist die Gesamtaussage zur Leistbarkeit nicht mehr möglich ist, weil die Daten unvollständig sind.
Schritt 6: Behalten Sie die Projektabwicklung ständig im Auge
Die vorletzte der Projektportfoliomanagement-Aufgaben ist die ständige Kontrolle. Mit der Auswahl der zu startenden Projekte ist die Arbeit im Projektportfoliomanagement nicht getan. Vielmehr sollten Sie unbedingt dafür Sorge tragen, dass von allen Projekten die Daten regelmäßig aktualisiert in das zentrale System zurückgemeldet werden.
Nur auf Basis dieser aktuellen Daten können Sie auch künftig ermitteln, ob und wann neue Projekte in Zukunft gestartet werden können und welche Projekte.
Sie sollten das Portfolio laufend überwachen und die Prioritäten laufender Projekte ständig überprüfen.
Ändern sich strategische Vorgaben, sollte auch nicht ausgeschlossen sein, dass Sie Projekte abbrechen, wenn diese die neue strategische Richtung nicht unterstützen.
Tipp: Sorgen Sie für ein monatliches Portfoliomeeting. Dieses muss vom PMO gut vorbereitet werden. Wenn Projekte gestoppt werden müssen, dann gilt: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
Schritt 7: Beenden Sie Projekte mit einem geregelten Abschlussprozess
Sie sollten jedes Projekt einen Abschlussprozess durchlaufen lassen. Dieser umfasst eine finale Projektbewertung mit Soll-Ist-Vergleich der Kosten und Ergebnisse.
Zudem sollten Sie:
- „Lessons Learned“ kommunizieren
- Projekt richtig archivieren
- den verantwortlichen Projektleiter offiziell von seinem abgeschlossenen Projekt entlasten.
Jedem ist daraufhin klar, dass ein Projekt jetzt tatsächlich als beendet erklärt ist und die eingebundenen Mitarbeiter anderweitig eingeplant werden können.
Tipp: Im Sinne einer guten Unternehmenskultur und -kommunikation sollten Sie auch darüber nachdenken, dass erfolgreich abgeschlossene Projekte ein Grund zum Feiern sein können.
In diesem Rahmen ließen sich neben den Ergebnissen und Erfolgen auch z.B. „Lessons learned“ präsentieren und die Motivation der verantwortlichen Projektleiter für kommende Projekte steigern.
Sehen Sie hier ein passendes Webinar zum Thema Meeting für das Projektportfoliomanagement.
Lesetipp: Hier finden Sie weitere kostenlose Videos, Fachartikel und Checklisten zum Thema Projektportfolio-Management.
Zusammenfassung der Schritte zum Projektportfoliomanagement
In diesem Artikel haben Sie gelernt, dass Projektportfoliomanagement eine wichtige Aufgabe im Sinne der Erreichung von strategischen Unternehmenszielen ist. Regelmäßige Portfolio-Meetings werden meist von einem Project Management Office (PMO) vorbereitet. Je nach Ausprägung des PMO kann die Zuständigkeit für das Portfolio auch noch weiter gehen
Im Einzelnen aber sind dies die Schritte, mit denen Sie gezielt und sicher ein funktionierendes Projektportfoliomanagement aufbauen können:
- Kriterien für Ihre Projekte definieren
- Prozess für die Projektinitiierung festlegen
- Verfahren für die Priorisierung bestimmen
- Mit vollständiger Projektübersicht starten
- Neue Projekte den Rest-Kapazitäten und -Budgets gegenüberstellen
- Projektabwicklung im Auge behalten
- Abschlussprozess für Projekte anwenden.
Mit den beschriebenen praktischen Hilfen bestimmen Sie zielgenau das optimale Portfolio aus Projekten, die entweder
- langfristig der Umsetzung Ihrer Strategie dienen oder
- kurzfristig Verbesserungen bringen sollen.
Haben wir etwas vergessen? Was sind Ihre Erfahrungen beim Projektportfoliomanagement? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar unten.
Johann Strasser
Dipl.-Ing., ist seit 2001 geschäftsführender Gesellschafter bei TPG The Project Group
Nach mehrjähriger Erfahrung als Entwicklungsingenieur im Automotive- und Energiesektor arbeitete Johann Strasser für zehn Jahre als selbständiger Trainer und Berater im Bereich Projektmanagement. In dieser Zeit war er zudem als Projektleiter für Softwareprojekte in der Bauwirtschaft tätig und unterstützte Großbauten im Rahmen von Termin- und Kostenmanagement. Bei TPG fließt seine Expertise in die Produktentwicklung und in die Beratung internationaler Kunden. Besonderen Fokus legt er auf die Themen Project Management Office, Projektportfolio, hybrides Projektmanagement und Ressourcenmanagement. Sein Wissen gibt er seit vielen Jahren in Form von Vorträgen, Seminaren, Artikeln und Webinaren weiter.
Mehr über Johann Strasser auf Linkedin oder Xing.
Achim Schmidt-Sibeth
Senior Marketing Manager
Nach dem Ingenieurstudium in Umwelttechnik sammelte er jahrelang Erfahrung im Projektmanagement bei einem Ingenieurbüro, einem Anlagenhersteller und in einer Multimediaagentur. Seit vielen Jahren ist Achim Schmidt-Sibeth mit seinem Team für Marketing und Kommunikation bei TPG The Project Group verantwortlich.
4 Kommentare
Aus meiner Sicht orientiert sich das PPM und die Relevanz bzw. eine allfällige Priorisierung von Projekten anhand der Strategie(n). Bei den Kriterien, die in Schritt 1 exemplarisch angeführt sind, vermisse ich genau das.
Was hilft es, wenn ich folglich initiiere, etc. wenn es gegen die Unternehmenstrategie läuft….
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Sie haben Recht, die Unternehmensstrategie spielt bei der Priorisierung der Projekte eine entscheidende Rolle. In unserem Artikel wird dies in „Schritt 3: Bestimmen Sie ein Verfahren für die Priorisierung“ beschrieben. In „Schritt 1: Definieren Sie Kriterien für Projekte“ geht es darum, zuerst einmal zu klären, welches Vorhaben in einer Organisation ein Projekt ist und welches nicht. Vorhaben, die die Projektkriterien nicht erfüllen, werden an die Linienorganisation übergeben und dort priorisiert.
Viele Grüße
Martin Gösse
Pingback: Nachgelesen: Multiprojektmanagement als Herausforderung
So einfach und intuitiv der hier oben beschriebene Prozess ist – so in etwas soll es bei uns auch laufen – so wenig technische Unterstützung habe ich bisher dafür gefunden.
Gerade im Bereich des (strategischen) Portfolio-Mgt. klappen die meisten Softwarelösungen heutzutage einfach ein. Hier wird eher für Agenturen, agiles Zeug gebaut. Eine unternehmensübergreifende Lösung, bei denen solche Workflows anpassbar wären, habe ich bisher nicht gefunden.
Trotzdem toller Artikel.
Vielen Dank.