Mit agilen Methoden Ressourcenkonflikte in Projekten vermeiden, das klingt gut und weckt Hoffnung. Und ja, da ist was dran. Mit agilen Methoden lassen sich tatsächlich Ressourcenkonflikte vermeiden. Die Voraussetzung ist aber, dass Sie mit den nötigen Randbedingungen umgehen können: etwa der daraus resultierenden Ergebnisoffenheit.
Wie Ihnen das gelingen kann, lesen Sie in diesem Artikel.
Wichtigkeit und Zufriedenheit liegen weit auseinander
Ressourcenmanagement hat viele Bereiche und unterscheidet sich je nach Unternehmen. Aber allen Unternehmen gemeinsam ist die hohe Wichtigkeit des Ressourcenthemas.
Denn die Zeiten haben sich geändert: In vielen Unternehmen gibt es nicht genügend Mitarbeitende mit den benötigten Qualifikationen. Deshalb sind zu viele Aufgaben von zu wenigen geeigneten Personen zu erledigen. Egal ob Linientätigkeit oder Projektaufgaben – es gibt immer mehr zu tun, als geleistet werden kann.
Und noch etwas: In den meisten Firmen trifft die Wichtigkeit des Ressourcenthemas auf eine hohe Unzufriedenheit mit dem Management von Ressourcenkonflikten.
Dies gilt unserer Wahrnehmung nach für alle Branchen und Größen von Firmen.

Bild: Bewertung von Ressourcenplanung in Unternehmen: Meist geringe Zufriedenheit trotz hoher Wichtigkeit
Projektmanagement soll hier helfen, etwa durch die detaillierte Planung von Aufgaben. Ziel ist der optimierte Einsatz der Mitarbeitenden, sodass sich gewünschte Ergebnisse rechtzeitig liefern lassen – natürlich unter Einhaltung von Kosten und Qualität.
Ressourcenmanagement ist kein Abfallprodukt des Projektmanagements
Die wenigsten Projekte erfüllen diesen Anspruch allerdings. Das zeigen folgende Beispiele aus dem Projektalltag:
- Termine lassen sich wegen zu geringer Ressourcenausstattung nicht halten.
- Projektbudgets werden mit zu wenig geeigneten Kollegen überzogen, weil die Qualität nicht stimmt.
- Die Koordinationsaufwände zur Lösung von Ressourcenkonflikten sind viel zu hoch und die Ergebnisse oft nur faule Kompromisse.
- Am Ende lassen sich neue Geschäftschancen nicht nutzen und bestehende Kunden sind verärgert.
Dafür gibt es diverse Gründe, wie beispielsweise:
- Auslastungsdiagramme, die einfach nicht stimmen.
- Der Ressourcenpool ist unvollständig gepflegt und ohnehin nicht richtig strukturiert.
- Ressourcenanforderungen aus den Projekten sind nie vollständig und auch nicht gut genug geplant.
- Mitarbeitende haben zu viele Aufgaben gleichzeitig zu erledigen.
- Weder für die Ressourcenanfrage noch für den Konfliktfall gibt es etablierte Abstimmungsprozesse.
- Die Priorisierung von Projekten erfolgt oft gar nicht oder ist nicht allgemein bekannt.
- Teamleiter und Projektleiter haben wegen ungeeigneter Tools auch keine eigenen Planungsstände, auf deren Basis sie die Situationen fundiert diskutieren könnten.
Selbst wenn bei Ihnen das Einzelprojektmanagement sehr gut etabliert ist, hilft das nur bedingt für das Ressourcenmanagement im Multiprojekt-Umfeld.
Gut geplante einzelne Projekte bieten zwar eine sehr gute Basis für die Ressourcenanforderungen. Die valide Zuteilung von Ressourcen erfordert darüber hinaus aber übergeordnete Prozesse und Methoden sowie ein zentrales Tool basierend auf einer Datenbank.
Vor allem aber brauchen Sie
- eine geeignete Organisation,
- die Einbindung der Teamleiter und
- das Setzen von Prioritäten.
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Immer-mehr-Fordern funktioniert einfach nicht
Es braucht aber auch etwas Logik und gesunden Menschenverstand: Verantwortliche können von bereits voll ausgelasteten Personen nicht immer mehr verlangen. Es gilt, auch mal was von der Aufgabenliste zu streichen!
Klingt irgendwie logisch. Ist nur nicht leicht zu akzeptieren, wenn Sie den neuen Auftrag, den nächsten Liefertermin oder die Rechnungstellung am Monatsende vor Augen haben und Zusagen einhalten müssen.
Kommen Sie mit auf eine gedankliche Reise:
Sie sitzen in einem vollen Bus. Dieser hält an einer Haltestelle und weitere Personen möchten zusteigen. Geht das noch? Mal ehrlich: Wenn der Bus voll ist, muss jemand aussteigen, damit jemand anderer einsteigen und gut sitzen kann.Die Erfahrung zeigt, dass auch in den vollen Bus immer noch jemand hineinpasst – stehend, an die Tür gequetscht. Aber wie lange lässt sich das aushalten?
Und hoffentlich hält die Tür wenigstens bis zur nächsten Station. Da müssen Sie ohnehin umsteigen in einen anderen Bus. Sie wissen aber noch gar nicht, wo der genau hält und außerdem kommt er meistens zu spät. Demnächst steigen Sie aber aus der Linie vielleicht ganz aus – soll heißen, Sie verlassen das Unternehmen freiwillig.
Unser Tipp: Bevor Sie Ihr Team mit immer mehr Aufgaben überlasten – priorisieren Sie die Aufgaben und streichen Sie weniger Wichtiges (vorübergehend) von der Liste.
Feste Teams als Basis für realistische Planung und hohe Qualität
Mit agilen Methoden müssen Mitarbeitende nicht ständig mit unterschiedlichen, überfüllten Bussen an fremdbestimmte Orte fahren. Sie steigen gemeinsam in den Bus, der für alle einen Sitzplatz hat. Niemand steigt ein und niemand steigt aus – es ist ein Charterbus nur für ein Projekt oder ein Produkt. Der Reiseleiter ist bekannt und die Zielrichtung auch.
Wie weit sie fahren, wohin genau und auch wie schnell, bestimmt das Team zusammen mit dem Reiseleiter entsprechend den Erfahrungen, die sie entlang der Strecke machen. Und da sind wir nun bei den Randbedingungen, mit denen es umzugehen gilt, wenn Sie so schön reisen möchten.
Natürlich ist auch in der agilen Welt nicht der Weg das Ziel. Aber der Weg und das Ziel müssen hier eben nicht von Anfang an ganz feststehen. Was jedoch sehr wohl fixiert wird, ist die Größe des Busses und die Menge an Treibstoff.
Außerdem fährt der Auftraggeber immer mit und wir fragen ihn regelmäßig an Zwischenstopps, wie es ihm gefällt. Und er ist damit einverstanden, dass wir ihn an einen Ort bringen, den auch er vorher vielleicht noch nicht richtig kannte.
Konkret bedeutet diese Vorgehensweise für das Thema Ressourcenmanagement: Ein Großteil der Probleme kann gar nicht auftauchen, weil von Anfang an die Weichen korrekt gestellt sind.
Unser Tipp: Setzen Sie auf ein festes Team, also nur eine einmalige Zusammenstellung, statt auf den dauernden Wechsel der Mitarbeiter zwischen verschiedenen Projekten.
So einfach kann es aber nur sein, wenn Sie folgende Punkte akzeptieren:
Alle sind sich einig, dass in der vorgegebenen Zeit mit dem gesetzten Team das bestmögliche funktionsfähige Ergebnis angestrebt wird. Das muss nicht vorher komplett spezifiziert sein.
- Das Team schätzt die Aufgaben selbst und weiß daher immer am besten, was sich in welcher Zeit erledigt lässt. Das Team wird nicht von außen überfordert.
- Reviews z.B. alle 2 Wochen geben allen Beteiligten Einblicke in die bisherigen Ergebnisse. Das gibt allen die Sicherheit, das Richtige zu tun. Korrekturen können rechtzeitig eingebracht werden.
- Allen ist klar, dass das Endergebnis vielleicht von der ursprünglichen Forderung abweichen kann. Es muss aber einen verwertbaren Nutzen bringen.
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Weniger Ressourcenkonflikte durch mehr Ergebnisoffenheit
Mit dem oben beschriebenen Vorgehen sind die Auslastungsdiagramme Ihrer Ressourcen immer richtig und die Kosten vorhersehbar.
Der Endtermin steht fest, nur das Ergebnis zu diesem Zeitpunkt eben nicht. Somit tauschen Sie also Ressourcenkonflikte gegen Ergebnisoffenheit. Trotzdem ist die Qualität höher, weil bis dahin alle fokussiert an einem Projekt oder Produkt gearbeitet haben.
Und sollte jemand das Team wechseln müssen, dann nicht mitten drin. Dies erfolgt mit dem Sprint oder der Iteration, wie es auch in den anderen Teams gelebt wird. Das macht das Umsteigen in einen anderen Bus viel einfacher.
Vielleicht denken Sie jetzt, dass das ja alles für die Entwicklung von Softwareprodukten recht nett klingt. Aber wenn Sie die Augen nach der gedanklichen Reise aufmachen, sagt Ihre Realität, dass das bei Ihnen nicht funktionieren kann.
Stimmt schon, einen Flughafen können Sie damit nicht bauen. Aber in vielen anderen Bereichen, die nicht reine Softwareentwicklung sind, lässt sich mindestens der Softwareanteil agil erledigen. Und bei all den Digitalisierungsprojekten ist Software allgegenwärtig. Aber auch jede andere Form von Produktentwicklung kann mit einem festen Team agilen Prinzipien folgen.
Lesetipp: Ressourcenplanung im Projektmanagement – Vorteile, Herausforderungen und das Geheimnis für die schnelle Einführung
Agile Methoden erfordern Optimierung der Organisation
Bitte beachten Sie: Damit agile Methoden hier funktionieren, ist eine klare Verfügbarkeit der Personen sowie deren eigene Einschätzung zur Leistbarkeit der geforderten Liefergegenstände Voraussetzung.
Beides sind grundlegende Bedingungen in der agilen Welt, die sich aber auch weitgehend im klassischen Projektmanagement anwenden lassen. Das muss aber nicht nur ein Projektleiter, sondern die ganze Organisation drum herum wollen.
Sie können auch hybrid vorgehen. Das heißt, die Produktentwicklung agil und die Kundenprojekte klassisch erledigen. Damit haben Sie vielleicht auch ein Drittel oder die Hälfte des Ressourcenmanagements vereinfacht, wenn Sie die Teams sauber getrennt halten.
Es ist auch denkbar, nur die Spezifikationsphase eines Projektes agil durchzuführen. Nach fünf Sprints wissen alle viel genauer, was sie wollen und was machbar ist. Das gleiche gilt für die Integration von klassisch entwickelten Komponenten am Ende eines Projektes. Wenn diese wirklich funktionsfähig geliefert werden muss, können Sie sie für ein halbes Jahr agil aufsetzen.
Erfolgreiche Ressourcenplanung am Beispiel TPG The Project Group
In unserer Firma, TPG The Project Group, entwickeln wir Softwareprodukte schon seit fünf Jahren agil. Die Kundenprojekte hingegen erledigen wir klassisch in der Matrix. Beides erfolgt intern im gleichen Takt von zwei Wochen.
Ein Wechsel der Teammitglieder zwischen Kundenprojekten und Produktentwicklung findet bei uns schon lange nicht mehr statt.
Wir haben also in der Produktentwicklung keine Schwierigkeiten in der Ressourcenplanung, nur im Finden neuer Kollegen.
Bei TPG kümmern wir uns intensiv darum, dass alle Stakeholder abgeholt, informiert und in die Priorisierung der Features eingebunden sind.
Wir liefern alle zwei Monate Releases unserer Produkte. Bei der Release-Planung macht das Produktmanagement Vorschläge, was im nächsten Release untergebracht werden könnte. Basis sind die vom Entwicklerteam geschätzten Punkte für die Aufwände, die zur verfügbaren Kapazität passen müssen.
Die Kapazität ändert sich aufgrund der festen Teamgröße nur, wenn neue Mitarbeiter eingestellt werden bzw. wenn jemand Urlaub macht oder wegen Krankheit ausfällt.
Alle 14 Tage – der TPG Projektmanagement Podcast für Unternehmen. Schicken Sie uns doch gerne Ihre Themenwünsche und Feedbacks an podcast@theprojectgroup.com.
Teammeetings, Weiterbildung etc. führen wir sichtbar als Aufgaben, sodass vollständige Transparenz gegeben ist. Alle Beteiligten sehen, wieviel Zeit bzw. Punkte in den nächsten beiden Monaten zur Verfügung stehen und wieviel Zeit bzw. Punkte für welches Feature vom Team realistisch geschätzt wurden.
Bei der Festlegung der kommenden Umsetzungen haben Development, Consulting und Sales eigene Stimmen, das Produktmanagement zumindest auf dem Papier ein Einspruchsrecht.
Die Besprechung zur Release-Planung endet, wenn es einen allgemein akzeptierten Beschluss gibt. Dabei können alle mit etwas Kopfrechnen gerne auch mehr fordern, wenn sie dabei auch sagen, worauf sie verzichten können.
Bei uns dauert eine Besprechung zur Release-Planung (alle zwei Monate mit fünf bis zehn Teilnehmern pro Produktgruppe) in der Regel von 14-17 Uhr. Aber im Anschluss steht ein Puffer mit open end im Kalender. Der Puffer wurde in all den Jahren aber nur einmal genutzt – witzigerweise bei einer Release-Planung, bei der alle vorher meinten, dass ohnehin alles klar wäre und wir keine Stunde brauchen würden.
Änderungen der Aufgaben während der Entwicklung sind natürlich nur zulässig, wenn eine Katastrophe eintritt.
Unser Tipp: Führen Sie Ihre Release-Planung zum Verständnis für die Prioritäten gemeinsam im Team durch. Ein kleiner unantastbarer Puffer für Unvorhergesehenes hat sich dabei bewährt. Wenn Sie diesen nicht brauchen, kann Ihr Team im letzten Sprint aus der priorisierten Aufgabenliste einfach die nächsten Punkte wählen.
Langfristige Ressourcenplanung ist ein Muss in beiden Lagern
Wie bereits zu Beginn des Artikels gesagt: das Thema Ressourcenmanagement hat verschiedene Bereiche.
Den Kern der kurz- und mittelfristigen Ressourcenplanung haben wir mit den Besonderheiten der agilen Gesichtspunkte behandelt. Die langfristige Hülle bleibt aber für agil, klassisch und hybrid immer gleich. Die Kapazitätsplanung entlang der Unternehmensstrategie ist für beide Welten unerlässlich.
Kostenloser Download (PDF): 4 Erfolgsfaktoren für Kapazitätsplanung
Lesen Sie in diesem PDF, woe Sie mit erfolgreicher Kapazitätsplanung stets vorausschauend notwendige Kapazitäten an geeigneten Mitarbeitenden zur Verfügung haben.
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Für die Produktentwicklung bedeutet das: Mit jedem neuen Produkt wird ein Team neu zusammengesetzt bzw. aufgelöst, wenn das Produkt nicht weiterentwickelt wird. Natürlich können Sie auch mehr als ein Produkt in einem Team entwickeln, solange der Product Owner derselbe ist. Schließlich muss jemand die Prioritäten setzen.
Für die langfristige Ressourcenplanung brauchen Sie eine Geschäftsleitung, die eine Strategie vorgibt und ein etabliertes PMO, das das Projektportfolio zur Umsetzung der Strategie steuert.
Dazu gehören die nötigen Mittel wie
- standardisierte Methoden,
- etablierte Prozesse,
- die Betreuung der Projektleiter und Teamleiter mit Ausbildung und Coaching
- und natürlich ein rollenspezifisches Tool mit zentraler Datenbasis.
Zusammenfassung: Der Takt ist das Wesentliche
Die „taktvolle“ Zusammenarbeit ist unseres Erachtens der wichtigste Punkt, um Ressourcenkonflikte im Projektmanagement zu vermeiden. Einerseits betonen wir damit den ordentlichen Umgang miteinander, auch wenn es inhaltlich kritisch wird.
Und andererseits ist damit der zeitlich synchronisierte Takt von Planung, Abstimmung und Entscheidung über alle Projekte und Ressourcen gemeint.
Hier noch einmal die wesentlichen Punkte zur Vermeidung von Ressourcenkonflikten im Projektmanagement – unabhängig von harter Diskussion ob klassisch oder agil:
- Ressourcenplanung muss vollständig sein, oder sie ist unbrauchbar. Lieber alle Projekte, grob geschätzt, als nur ein paar Projekte genau.
- Wer mehr Projekte umsetzen will, als ressourcenseitig geht, muss vorab sagen, worauf stattdessen zu verzichten ist. Weniger ist am Ende dann meistens ohnehin mehr.
- Lassen Sie das Team selbst schätzen. Das macht die Planung realistisch.
- Halten Sie die Zusammensetzung der Teams möglichst konstant. Jeder Wechsel ist ein Verlust.
- Planen Sie die Grundlasten sauber ein, sonst gehen Sie immer von falschen Verfügbarkeiten aus. Binden Sie die Teamleiter dafür gut ein.
- Arbeiten Sie mit einem PMO im gleichen Takt über alle Teams. Dann gibt es weniger Zusammenstöße.
Ressourcenmanagement ist je nach Unternehmenskultur eine recht heikle Angelegenheit oder auch nicht. Die Auswahl von Methoden, Prozessen und Tools spielt dabei eine wichtige Rolle.
Zufriedenheit mit diesem Thema können letztlich nur die beteiligten Personen (selbst) herstellen.
Wo hakt es bei Ihnen im Unternehmen am meisten bei der Ressourcenabstimmung? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar.
Johann Strasser