Projektmanagement-Zertifizierungen sind heute nicht mehr außergewöhnlich oder exotisch. Im Gegenteil, sie sind zunehmend ein fester Bestandteil der Karriereplanung und wirken sich auch auf das Projektmanager-Gehalt aus.
Aus Sicht von Arbeit- und Auftraggebern werden Projektmanagement-Zertifizierungen als willkommenes Signal für Professionalität wahrgenommen. Häufig sind sie in Ausschreibungen und Stellenangeboten sogar gefordert. Diese Signalwirkung ist für die einzelnen Zertifizierungen unterschiedlich, wie übrigens auch die Wertigkeit und die Auswirkung auf das Gehalt.
In diesem Artikel finden Sie eine kurze Betrachtung über die Sinnhaftigkeit von PM-Zertifizierungen und die Erwartungen an dieselben. Dann geht es um den Vergleich der wichtigsten Zertifizierungen im Projektmanagement. Und zum Schluss lesen Sie, wie sich Zertifikate auf das Projektmanager-Gehalt auswirken können.
Steigen wir ein mit der Kapitelübersicht.
- Projektmanagement-Zertifizierungen: Die Erwartungen
- Wichtige Projektmanagement-Zertifizierungen im Vergleich
- a.) Project Management Professional (PMP)®
- b.) Certified Associate in Project Management (CAPM)®
- c.) GPM-IPMA Level A – D
- d.) PRINCE2 Foundations und Practitioner
- e.) Weitere Zertifizierungen im Projektmanagement
- Projektmanager Gehaltsvergleich
- a.) PMI Salary Survey aus 2020
- b.) GPM Gehaltsstudie aus 2017
- Zusammenfassung
Projektmanagement-Zertifizierungen: Die Erwartungen
Sagen wir es offen: Wenn Zertifizierung keinen messbaren Nutzen bringt, macht sie keinen Sinn. Doch vieles lässt sich nicht in Zahlen fassen, wie das Ansehen oder die Wahrnehmung als Experte. Natürlich sind diese beiden auch Gründe, den Aufwand der Projektmanagement-Zertifizierung auf sich zu nehmen.
Aber am Ende soll eben doch etwas Schwarz auf Weiß auf dem Papier stehen und sich bestenfalls im Gehalt als Projektmanager wiederspiegeln.
Am einfachsten messbar ist deshalb: Geld.
Was sind die Erwartungen unterschiedlicher Projektmanager-Rollen an Zertifizierungen?
- Projektmanager in internen Projekten: Sie erhoffen sich ein besseres „Standing“ gegenüber der Linie und erwarten, dass Projekte effektiver und effizienter laufen.
- Projektmanager in Projekten mit großen zugekauften Anteilen: Sie streben eine bessere Wahrnehmung ihrer Kompetenz gegenüber Lieferanten und evtl. der Unterlieferanten an. Verbunden ist dies mit der Hoffnung, als VIP-Kunde behandelt zu werden.
- Projektmanager in Kundenprojekten: Sie erhoffen sich einen einfacheren Zuschlag bei den attraktiven Projekten zu besseren Preisen. Oft geht es auch nur darum, die Anforderung in der Ausschreibung nach einem zertifizierten Projektmanager zu erfüllen.
Vor allem die dritte Erwartungssituation ist monetär leicht beschrieben, denn es geht um bessere Einnahmen aus dem Projektgeschäft. Bei den ersten beiden Erwartungen ist das schon schwerer.
Am Ende ist aber bei allen drei Situationen davon auszugehen, dass sich die Erwartung und auch ihre Erfüllung im Projektmanager-Gehalt wiederspiegelt. Schließlich ist die Projektmanagement-Zertifizierung auch mit Kosten verbunden.
Bevor wir aber auf die Frage der Einkommenssteigerung durch Projektmanagement-Zertifizierungen eingehen, stellen wir die wichtigsten davon kurz gegenüber.
Wichtige Projektmanagement-Zertifizierungen im Vergleich
Der Markt an Zertifizierungen im Projektmanagement ist inzwischen fast unüberschaubar. Aber es gibt doch einige Schwergewichte hinsichtlich des Bekanntheitsgrades und der auftretenden Häufigkeit.
Im Folgenden lesen Sie über die bekanntesten und wichtigsten Zertifizierungen für Projektmanager. Zudem finden Sie auch Empfehlungen für das Budget, mit dem Sie für die Prüfungsvorbereitung und -durchführung rechnen sollten.
Diese Budget-Angaben basieren auf eigenen Kenntnissen, aber auch auf den Angaben der jeweiligen Anbieter und den Erfahrungen unserer Kunden. Die Budgetangaben sind auf ganze Hundert bzw. Tausend Euro aufgerundet, schließen aber eventuelle Reisekosten nicht mit ein und sind ohne Gewähr.
Project Management Professional (PMP®)
Die Zertifizierung zum Project Management Professional® (PMP) wird vom PMI®, dem Project Management Institute in den USA, herausgegeben.
Weltweit gibt es mittlerweile über 1 Million PMP-zertifizierte Personen.
Voraussetzungen für die Prüfungszulassung zur dieser Zertifizierung sind:
- 36 Monate / 4.500 Stunden Projektmanagement-Erfahrung für Personen mit mindestens Bachelor-Abschluss, oder
- 60 Monate / 7.500 Stunden Projektmanagement-Erfahrung für Personen, die über ein Äquivalent zum US-Highschool-Degree (bei uns: ca. Fachhochschulreife) als höchsten Bildungsabschluss verfügen.
Außerdem werden 35 „Contact Hours of Project Management Education“ gefordert. Die meisten Kandidaten sammeln diese im Rahmen eines 5-tägigen PMP-Seminars zur Vorbereitung auf die PMP-Prüfung. (Hier finden Sie noch mehr Infos zu den PMP-Voraussetzungen zur Zertifizierung.)
Der Ablauf der PMP-Prüfung: Die Prüfung ist ein Computertest mit überwiegend situativen Fragen. Der Test besteht aus 200 Fragen, die innerhalb von 4 Stunden zu beantworten sind.
Ein Vorteil des Computertests ist die internationale Ausprägung: Die Prüfung ist weltweit identisch, was die Zusammenarbeit mit ausländischen Kollegen durch gemeinsame Terminologie und übereinstimmendes Verständnis in Vorgehensweisen und Methoden erleichtert.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man sich für die Prüfung nicht an feste Termine mit Assessoren halten muss, sondern einen Prüfungsplatz in einem Prüfungszentrum zu einem passenden Termin auswählen kann.
In Deutschland kann die Prüfung zur PMP-Zertifizierung in 4 Prüfungszentren in Berlin, Frankfurt, Hamburg und München abgelegt werden.
Es gibt für die PMP-Zertifizierung deutsche Übersetzungen zu den Quelldokumenten und zur Prüfung, so dass man sie auch ohne perfekte Englischkenntnisse ablegen kann.
Budget: € 2.800*
Sie interessieren sich für eine PMP Zertifizierung?PMP-Seminare zur Prüfungsvorbereitung
Certified Associate in Project Management (CAPM®)
Der CAPM ist eine Zertifizierung für Einsteiger im Projektmanagement, die ebenfalls vom PMI herausgegeben wird.
An Voraussetzungen werden entweder 1.500 Stunden Erfahrung im Projektmanagement oder alternativ 23 „Contact Hours of Project Management Education“ gefordert, so dass man die Prüfung auch als Anfänger ablegen kann.
Viele CAPM-Kandidaten nutzen zur Vorbereitung auf diese Prüfung eine Vorbereitung auf die PMP-Prüfung. Diese Vorbereitung ist für die CAPM-Prüfung im Moment zwar zu umfangreich, aber sie bleibt gültig. Bei einem späteren „Upgrade“ auf den PMP ist die Anforderung an die „35 Contact Hours“ somit bereits erfüllt.
Auch die CAPM-Prüfung wird als Computertest abgelegt. Es gibt – im Vergleich zum PMP – aber weitere Computerzentren, wo man sie durchführen kann.
Budget: € 300 bis € 2.500*
GPM-IPMA Level A – D
Bei diesen PM-Zertifizierungen handelt sich um eine Reihe, die von der deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) herausgegeben werden.
Die GPM ist Mitglied im internationalen Dachverband IPMA (International Project Management Association), wo diese Zertifizierungen mit den jeweils eigenen Zertifizierungen der jeweiligen Länderverbände harmonisiert und gegenseitig anerkannt sind.
Die bei der GPM populärste Zertifizierung ist die Level-D-Zertifizierung,
Nach dem Bestehen der Level-D-Prüfung können Sie sich als „Zertifizierte(r) Projektmanagement-Fachmann/-frau“ bezeichnen.
Bei der IPMA heißt diese Zertifizierung „Certified Project Management Associate“.
Die Prüfung besteht aus mehreren Bestandteilen (mündlich, schriftlich, Essay). Sie wird durch Assessoren der GPM entweder in Nürnberg oder, eine ausreichende Anzahl von Kandidaten vorausgesetzt, in dem Unternehmen abgenommen, das die Zertifizierungsmaßnahme unterstützt.
Budget: € 4.700*
PRINCE2 Foundations und Practitioner
Diese beiden Zertifizierungen werden vom Unternehmen Axelos herausgegeben, an dem unter anderem die britische Regierung beteiligt ist. Sie belegen die Kenntnis einer spezifischen PRINCE2 Methodik.
Die Kenntnis ist vor allem sinnvoll in Organisationen, die diese Methodik einsetzen. Die niedrigen Anforderungen an Ausbildung und Erfahrung und die geringen Kosten der Zertifizierung haben ihr eine hohe Popularität gegeben.
Budget: € 200*
Weitere Projektmanagement-Zertifizierungen
Weitere Projektmanagement-Zertifizierungen gibt es zu Spezialthemen im Projektmanagement, wie z.B. zu
- agilen Methoden (z.B. Professional Scrum Master I)
- Risikomanagement
- Terminplanung
Hinweis: In diesem Artikel finden sie mehr zu der Frage „Warum agile Zertifizierungen?“
Auch Six-Sigma-Zertifizierungen lassen sich hierunter nennen. Hier geht es um ein Verfahren, Projektmanagement für Qualitätsverbesserungsprojekte einzusetzen.
Oder die Zertifizierung zu V-Modell bzw. V-Modell XT. Diese sind im Grunde ein deutsches Pendant zu PRINCE2, aber haben nicht dessen Popularität erlangt.
Video: Projektmanagement-Zertifizierungen Vergleich – Was Sie als Projektmanager über Zertifizierungen wissen sollten, mit Oliver F. Lehmann
Projektmanager Gehaltsvergleich
Jetzt kommen wir zu der spannenden Frage: Wie wirken sich Projektmanagement-Zertifizierungen auf das Projektmanager-Gehalt aus? Berufsverbände veröffentlichten regelmäßig Gehaltsvergleiche, wie diese zwei Beispiele:
- Die Zahlen für Deutschland des Salary Survey des Project Management Institute (PMI) von 2020
- Gehaltsvergleich der deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) von 2017
Berücksichtigen Sie bitte, dass es einige Einflussgrößen gibt, die das Projektmanager-Gehalt – zusätzlich zur Zertifizierung – stark beeinflussen. Eine Rolle spielen hier etwa:
- die Erfahrung der Person
- der Bildungsabschluss
- die Branche
- das Geschlecht (leider!)
Eine Zertifizierung, die sich an Anfänger richtet, wird schon aus diesem Grund in einer Gehaltsstudie niedriger bewertet, obwohl ihr gehaltswirksamer Effekt sogar stärker sein kann.
„Generell kann man davon ausgehen, dass der Vergleich des Einkommens von Personen mit und ohne Projektmanagement-Zertifizierung eine aussagekräftige Kenngröße ist.“ Klick um zu TweetenDie PMI Salary Survey (Stand: 2020)

Projektmanager-Gehalt mit und ohne PMP-Zertifizierung (Quelle: Oliver P. Lehmann mit Daten des PMI, 2020)
Der Einfluss der „Dienstjahre“ ist in dieser Gehaltsstudie des Project Management Institute (PMI) gut erkennbar. Sie hat nur die Zahlen für Inhaber der PMP-Zertifizierung (Project Management Professional) aufgelistet.
Wie die Grafik zeigt, haben Neu-Inhaber der PMP-Zertifizierung (Säule links) im Schnitt sogar ein geringeres Projektmanager-Einkommen gemeldet als Nicht-Zertifizierte. Je länger die Zertifizierung besteht, desto deutlicher übertreffen die Einkommen der PMPs aber die der Nicht-PMPs.
Im Durchschnitt über alle Befragten gaben die Inhaber der PMP-Zertifizierung ein um 14,6% höheres Einkommensniveau als Nicht-Zertifizierte an.
Man mag einwenden, dass es beim PMI ein Geschäftsinteresse daran gibt, die eigene Zertifizierung besonders gut aussehen zu lassen. Zur Klärung erscheint es daher hilfreich, Daten eines anderen Verbands heranzuziehen: Der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM).
Der GPM-Gehaltsvergleich (Stand: 2017)
Die Zahlen dieser Studie stammen noch aus dem Jahr 2017. Eine aktuelle Version wurde bereits für das Jahr 2020 angekündigt.
Die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM), Mitglied des internationalen Dachverbands IPMA, steht mit dem PMI im Wettbewerb und hat daher kein Interesse daran, die Zahlen hier zu schönen. Die Werte können von daher als sehr zuverlässig betrachtet werden.
Es fällt direkt auf:
- Der Einkommens-Mehrwert der PMP-Zertifizierung fällt deutlich höher aus als beim PMI selbst: PMP-zertifizierte Personen übertreffen Nicht-Zertifizierte im Schnitt um 33,9%.
- Beim Einkommen der Nicht-Zertifizierten liegen die beiden Studien eng beieinander: € 78.700 bei der GPM stehen € 77.443 beim PMI gegenüber.
- Bei den Einkommen der PMP-Zertifizierten gibt es aber eine große Diskrepanz: € 105.400 bei der GPM gegenüber € 88.826 beim PMI (siehe Grafik 1).
Im Vergleich der GPM schneiden übrigens nur die Inhaber des GPM/IPMA-Levels A besser ab. Dieser ist jedoch schwer zu bekommen und zusätzlich sehr teuer. Das bringt ihm offenbar einen besonders einkommenssteigernden Effekt.
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Zusammenfassung
Projektmanagement-Zertifizierungen sind ein Signal für Arbeit- und Auftraggeber, dass sich eine Person mit Projektmanagement befasst hat und diese Disziplin als wesentlichen Bestandteil ihrer beruflichen Karriere sieht.
Den Studien der GPM und der internationalen Salary Survey des PMI ist zu entnehmen, dass sich eine Projektmanagement-Zertifizierung in der Regel einkommenssteigernd auswirkt (ca. 14-34%). Die erhöhte Wertigkeit spiegelt sich auch bei Arbeit- und Auftraggebern wieder.
Intensive Berufserfahrung, also die Auseinandersetzung mit dem „richtigen Leben“, lässt sich von einem Projektmanager oder einer Projektmanagerin aber nicht durch Zertifizierung erwerben. Sie ist essenziell. Beide Studien oben bestätigen, dass eine Projektmanagement-Zertifizierung kein Ersatz für Erfahrungen aus der Praxis ist.
Welche PM-Zertifizierungen haben Sie und was sind Ihre Erfahrungen damit? Wie bewerten Sie den Zusammenhang zwischen Zertifizierung und Gehalt? Bitte hinterlassen Sie einen Kommentar.
* Alle Zahlenangaben gemäß Recherche von 2020, alle Angaben ohne Gewähr, keine Haftung
Oliver F. Lehmann, MSc, ACE, PMP ist Trainer im Projekt- management und Project Business Management. Er hat sich außerdem einen Namen gemacht als Autor von Fachbüchern und Artikeln und als Analyst für Krisenprojekte. Er war über 10 Jahre im aktiven Projekt- management involviert, als er 1995 Trainer wurde. Heute arbeitet er für ein internationales Publikum mit den Schwerpunkten Personen-Zertifizierung und Verbesserung von Projektgeschäft. Er ist Präsident der Project Business Foundation und langjähriger Volunteer beim PMI, dem Project Management Institute.