Planen Sie den Ausbau Ihres Projektmanagemens? Dann sollten Sie den Unterschied zwischen einer Projektassistenz und einem Projektmanagement-Office.
Trotz unterschiedlicher Anforderungsprofile werden die beiden Begriffe leider häufig synonym verwendet. In der Praxis hat dies oft negative Auswirkungen, wie z.B. bei der Rollenverteilung im Projekt oder in Stellenausschreibungen. Falsche Erwartungen an die jeweilige Rolle- mit Über- bzw. Unterforderung des Mitarbeiters oder falsche Ergebnisse sind die Folge.
In diesem Artikel erfahren Sie, worin sich die Projektassistenz von anderen Rollen / Organisationseinheiten unterscheidet und warum eine klare Differenzierung wichtig ist.
Sie werden sehen, dass:
- der Fokus eines PMO im Multi-Projektmanagement und
- der Einsatz der Projektassistenz im Einzelprojektmanagement liegt.
Außerdem erhalten Sie einen Überblick über die zentralen Funktionen und Aufgaben der jeweiligen Rolle / Organisationseinheit.
Der Trend: Mehr Unterstützung im Projektmanagement
In Zeiten von finanzieller Unsicherheit und hohem Wettbewerbsdruck gewinnt das Projektgeschäft an wirtschaftlicher Relevanz. Viele Unternehmen versuchen daher, ihr Projektmanagement zu professionalisieren.
Hier kommen die professionelle Projektassistenz und das PMO ins Spiel. Beide tragen auf unterschiedliche Art und Weise zu mehr Effizienz und besseren Projektergebnissen bei.
Steigen wir ein in die Unterschiede der Aufgaben und starten mit der Projektassistenz. Was sind ihre Aufgaben und welche Projektassistenz-Qualifikationen sollten Personen für diese Rolle mitbringen?
Aufgaben der professionellen Projektassistenz
Die professionelle Assistenz für Projekte ist normalerweise einem einzelnen Projekt zugeordnet. Sie ist in das jeweilige Projekt involviert. Dort bildet sie eine Art Schnittstelle zwischen Projektleiter und Projektteam.
Die Projektassistenz ist eine temporär konzipierte Projekteinheit und wird nach Projektabschluss wieder von ihren Aufgaben entbunden.
Die hierarchische Einbindung der Projektassistenz kann entsprechend der Anforderungen des Projekts und der Projektleitung flexibel gestaltet werden.
- So kann sie entweder als eine Art rechte Hand des Projektmanagements dienen und dabei auch Führungsaufgaben übernehmen.
- Oder ihr werden vor allem administrative Aufgaben zugeteilt, die sie nach Weisung der Projektleitung erfüllt.
- Insgesamt soll sie dazu beitragen, das Projektmanagement von administrativen und operativen Aufgaben zu entlasten.
Die typischen Assistenz-Aufgaben lassen sich dabei grob in drei Teilbereiche aufgliedern:
1. Organisationsfunktion
Die Projektassistenz assistiert dem Projektmanagement von Projektbeginn an bei der Projektorganisation. Sie recherchiert Hintergrundinformationen der Projektmitarbeiter, sodass Verantwortlichkeiten und Rollen effektiv verteilt werden können.
Die Projektassistenz ist außerdem verantwortlich für das „Who-is-Who“ des Projekts. Sie informiert die Projektmitarbeiter über alle Organisationseinheiten, die in das Projekt eingebunden sind.
Viele Projekte beginnen zunächst chaotisch: Mangels passender Ansprechpartner suchen Mitarbeiter verzweifelt nach Softwarelizenzen, Zugangscodes und passender Hardware. Hierfür werden meist hunderte Arbeitsstunden verschwendet, was einen erfolgreichen Projektbeginn stark verzögert.
Eine Projektassistenz kann solchen Eventualitäten schon im Vorfeld entgegenarbeiten. Sie bereitet sich frühzeitig auf entsprechende Anfragen vor und stellt notwendige Informationen zur Verfügung.
Die Projektassistenz ist auch für eine einheitliche Nutzung der Kommunikationsmittel zuständig. Sie legt Kommunikationstools fest und stellt sicher, dass diese auch genutzt werden. Außerdem strukturiert sie die Dokumentationsablage und sorgt für eine Archivierung der Kommunikation.
Auch Budget- und Ressourcencontrolling gehören zu den Aufgaben der Projektassistenz. Sie erfasst
- verfügbare Personalressourcen des Projekts,
- entwirft ggf. Anforderungsprofile für neue Fachkräfte und
- erstellt entsprechende Stellenausschreibungen.
Außerdem assistiert sie der Projektleitung bei Kostenplanung und Rechnungskontrolle und verfügt eigenverantwortlich über kleinere Ausgaben.
Projektassistenten bringen also Transparenz in die Kostensituationen der Projekte. Projektmanager können sich durch diese Entlastung ihren wesentlichen Aufgaben widmen und Entscheidungen zielführend treffen.
2. Kommunikations- und Filterfunktion
Zielgruppenspezifische Projektkommunikation ist ein essentielles, wenn nicht gar das wichtigste Instrument zur Sicherung des Projekterfolges. Viel zu viele Projekte scheitern an trägen Kommunikationswegen und mangelhaftem Informationstransfer. Ein Projektassistent wirkt dem aktiv entgegen.
So bietet der Projektassistent zunächst eine erste Anlaufstelle für die Anliegen der Projektmitarbeiter. Er nimmt Anfragen entgegen und filtert diese nach Priorität. Diejenigen, die er selbst bearbeiten kann, arbeitet er zeitnah ab. Nur jene Anfragen, die seine Zuständigkeit übersteigen, leitet er an die Projektleitung weiter.
Die Projektassistenz ist außerdem dafür verantwortlich, Entscheidungen der Projektleitung dem Team zu kommunizieren. Sie informiert über Beschlüsse und sorgt dafür, dass diese auch umgesetzt werden.
Die Kommunikationsfunktion der Assistenz funktioniert also in zwei Richtungen:
- Auf der einen Seite verschafft sie dringenden Anliegen der Projektmitarbeiter Zugang zur Projektleitung.
- Auf der anderen Seite sorgt sie für eine zeitnahe Umsetzung der Beschlüsse des Projektmanagements.
Wird es vom Projektmanagement gewünscht, kann die Projektassistenz auch für die Organisation und Moderation von Projektmeetings zuständig sein. Gemeinsam mit der Projektleitung erstellt sie die Agenda, verschickt Einladungen und führt Protokoll. Dies ermöglicht der Projektleitung, sich auf die Inhalte der Meetings zu konzentrieren.
3. Führungsfunktion
Die Projektassistenz nimmt im Projekt eine ambivalente Position ein: Auf der einen Seite ist sie Ansprechpartner für die Belange der Projektmitarbeiter.
Ihre eigentliche Aufgabe ist jedoch, dafür zu sorgen, dass Wünsche und Ansprüche der Projektleitung durchgesetzt werden. Als rechte Hand der Projektleitung treibt sie schleppende Entwicklungen voran.
Dies wird in den meisten Situationen dazu führen, dass Mitarbeiter sich auf die Füße getreten fühlen. Die Projektassistenz benötigt also gewisse „Wadenbeißer-Skills“,
Aber mindestens so wichtig für die Projektassistenz Qualifikation sind auch soziale Fähigkeiten.
Die Projektassistenz übernimmt im Projekt also auch klassische Führungsaufgaben. Ihre Entscheidungskompetenzen sind zwar beschränkt, weil sie direkt der Projektleitung untersteht.
Trotzdem nimmt sie gegenüber den Projektmitarbeitern und auch gegenüber externen Stakeholdern eine verantwortungsvolle Rolle ein. Entsprechend den Anforderungen des jeweiligen Projekts sollte ein Projektassistent also schon über gewisse Führungserfahrungen verfügen.
Jetzt kennen Sie die Aufgaben der Projektassistenz. Widmen wir uns nun den Zuständigkeiten des Projektmanagement-Office.
Die Zuständigkeiten eines Projektmanagement-Office
Gründe für ein Projektmanagement-Office gibt es viele. Es ist ist eine langfristig konzipierte Organisationseinheit, die dauerhaft im Unternehmen etabliert wird.
Es ist primär zuständig für die Analyse, Strukturierung und Weiterentwicklung der Projektmanagementmethoden eines Unternehmens und dient als zentrale Schnittstelle für dessen verschiedene Projekte.
Die Einsatzmöglichkeiten des Projektmanagement-Officce sind breit gefächert. Es kann je nach Anforderungen des jeweiligen Unternehmens verschiedene Aufgaben übernehmen.
Diese typischen PMO Aufgaben lassen sich grob wie folgt aufgliedern:
1. Projektportfoliomanagement
Je nach Größe des Projektmanagement-Office und des Unternehmens koordiniert ersteres ein bestimmtes Projektportfolio oder sogar das gesamte Projektgeschäft eines Unternehmens.
In großen Unternehmen können die einzelnen Portfolios auch auf mehrere PMOs verteilt werden.
So kann ein spezialisiertes PMO für Bauprojekte zuständig sein, während ein anderes für IT-Projekte verantwortlich zeichnet.
Bei internationaler Ausrichtung kann es für Unternehmen auch sinnvoll sein, den verschiedenen Standorten jeweils ein lokales Projektmanagement-Office zuzuteilen. Diese werden wiederum von einem zentralen „Master-PMO“ koordiniert.
2. Wissenstransfer
Im Projektmanagement-Office laufen also die Informationen aller Projekte, Programme und Portfolios eines Unternehmens zusammen. Diese werden dort zentral strukturiert, ausgewertet und miteinander in Beziehung gesetzt. So wird der Überblick über alle Projekte eines Unternehmens gewährleistet.
Durch diesen zentralen Überblick über die Projektlandschaft kommt dem Projektmanagement-Office im Unternehmen eine einzigartige Rolle zu:
- Es fungiert als eine Art „Hüter“ des gesammelten Projektmanagement-Wissens des Unternehmens, und
- interpretiert Lessons Learned, sammelt Best-Practices und setzt dieses Wissen miteinander in Beziehung.
Die gewonnenen Informationen macht das Projektmanagement-Office allen relevanten Stellen im Unternehmen zugänglich. So haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, nicht nur aus eigenen Fehlern, sondern auch aus den Erfahrungen anderer zu lernen.
Diese Organisationseinheit hat außerdem den Überblick über Ressourcen und Kapazitäten eines Unternehmens. Entsprechend diesen Informationen priorisiert es Projekte und entscheidet über die Verwendung der verfügbaren Projektressourcen. Diese werden somit effizienter aufgeteilt und die Überlastung von Mitarbeitern vermieden.
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3. (Weiter-) Entwicklung und Implementierung von Methoden und Prozessen
Die Weitergabe des gesammelten Wissens des Projektmanagement-Office bewirkt meist von alleine Veränderungen im Unternehmen. So führt etwa strukturierter Wissenstransfer schnell zu einer Standardisierung und Vereinheitlichung der verwendeten Methoden, Prozesse und Tools.
Außerdem gehört auch die Implementierung solcher standardisierten Projektmanagement-Methoden zu den Kernaufgaben des Projektmanagement-Office. Es ist zudem dafür verantwortlich, dass die eingeführten Methoden auch angewendet werden.
Eine solche Standardisierung der Projektmanagement-Methoden verbessert die Kommunikation in Projekten, ermöglicht einheitliche Statusberichte und erleichtert deren Auswertung.
4. Mentoring, Coaching und Training der Projektmitarbeiter
Weisen nicht alle Projektmitglieder die notwendigen Schlüsselqualifikationen auf, um ihre Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen, kann das Projectmanagement-Office Experten zur Verfügung stellen und nachhelfen. Diese Experten leisten solange fachliche Unterstützung, bis alle Projektmitarbeiter die nötigen Qualifikationen erlangt haben.
Erledigen die Projektmitarbeiter ihre Tätigkeiten selbstständig, wünschen jedoch noch eine zusätzliche Qualitätssicherung, kann das PMO auch noch eine Weile als Coach zur Seite stehen.
Wenn die Projektkompetenzen der Unternehmensmitarbeiter langfristig verbessert werden sollen, bietet sich strukturiertes Training an. Das Project Management Office spielt eine zentrale Rolle bei der Konzipierung solcher Weiterbildungsmaßnahmen.
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5. Professionalisierung des Projektgeschäfts
Die übergeordnete Aufgabe des Projectmanagement-Office ist letztlich die Professionalisierung des Projektgeschäfts des Unternehmens.
Folgende der oben genannten Aufgaben sollen langfristig natürlich zu einem professionelleren Umgang mit neuen Projekten führen:
- neu hinzugewonnener Wissenstransfer
- verbesserte Einheitlichkeit der Methoden und Prozesse
- Coaching der Projektmitglieder
Diese sollen nicht mehr Ad hoc gestemmt werden, sondern durchdacht und strukturiert abgewickelt werden.
Durch das Projectmanagement-Office können Erfahrungen der Vergangenheit direkt in die Projekte der Zukunft einfließen. Die Folge ist eine deutlich professionellere und routiniertere Umsetzung von Projekten.
Zusammenfassung
Sowohl das Project Management Office als auch die professionelle Projektassistenz sorgen auf ihre eigene Art und Weise für deutlich höhere Effizienz in Projekten.
Die Projektassistenz ist
- direkt einem einzelnen Projekt unterstellt und
- verbessert als interne Einheit die Projektleistung. Im Rahmen der gegebenen Strukturen sorgt sie für Effizienz und schnellere Kommunikation.
Das Projektmanagement-Office hingegen dient als
- Schnittstelle der verschiedenen Projekte eines Unternehmens und sorgt für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Projektmethoden eines Unternehmens.
- Als externe Einheit sorgt das PMO für Standardisierung und Vereinheitlichung der Prozesse.
- Dies ermöglicht letztendlich eine bessere Vergleichbarkeit und sorgt für eine Professionalisierung des Projektgeschäfts im Unternehmen.
Ob eine Projektassistenz oder ein Projektmanagement-Office im Einzelfall die richtige Wahl für Sie ist, hängt von den Anforderungen Ihres Unternehmens ab:
- Geht es darum, das allgemeine Projektgeschäft weiterzuentwickeln, so ist auf jeden Fall das Projektmanagement-Office die erste Wahl.
- Sollen jedoch einzelne Projekte direkt vorangetrieben werden, so bietet sich eher eine temporäre Projektassistenz an.
- Auch eine Kombination und Koordination beider Einheiten ist denkbar: ein PMO für das allgemeine Projektgeschäft und dedizierte Projektassistenten für besonders relevante Projekte.
Bitte hinterlassen Sie einen Kommentar: Nutzen Sie die rolle der Projektassistenz im Unternehmen? Was empfehlen Sie anderen Lesern?
Dieser Gastartikel gibt die Meinung des Autors wieder.
Über den Autor: Aaron Niemeyer hat Kommunikationswissenschaft studiert und ist bei intelliExperts GmbH zuständig für die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema Projektassistenz. Er interessiert sich für soziale Prozesse im Projektmanagement und liebt es komplexe Themen für ein breites Publikum verständlich aufzubereiten. Hier geht es zum Xing Profil!
2 Kommentare
Schwieriges Thema.
In der Praxis finde ich unterschiedliche Ausgestaltungen von PMOs. Das hängt oft davon ab, zu welchem Zweck ein PMO eingerichtet wurde. Gemeinsamer Nenner scheint mir, dass sie eine koordinative Aufgaben in einem projektgeprägten Umfeld wahrnehmen. Eine Auswahl möglicher Aufgaben sind oben im Artikel aufgeführt.
Der Begriff der „Projektassistenz“ wird im Gegensatz zum „PMO“ in global orientierten Unternehmen kaum gleicherwertige Bedeutung bekommen, dafür klingt der Begriff zu „deutsch“.
Vielleicht ist es zur definitorischen Abgrenzung hilfreicher das PMO klarer zu qualifizieren, wie Unternehmens PMO, PPMO (Projektportfolio Management Office), Program Management Office und Projekt Management Office, um deren Koordinationsreichweite und Aufgabenschwerpunkt zu beschreiben.
Dies bleibt zu diskutieren!
Hallo Herr Spiegel,
ich kann ihnen soweit nur zustimmen. Eine klare Abgrenzung der PMO-Formen und eine Definition der Projektassistenz als Unterform des PMO kann ebenfalls sinnvoll sein.
Mir war es mit diesem Artikel jedoch vor allem wichtig den Unterschied von externer, bzw. interner Eingliederung hervorzuheben.
Beste Grüße