Das webbasierte Atlassian Jira hat sich mittlerweile zum dominierenden Tool für Aufgabenmanagement, Projektmanagement und Fehlerverwaltung entwickelt. Besonders für Projekte, in denen die Methoden Scrum und Kanban zum Einsatz kommen, eignet sich Jira sehr gut.
In diesem Artikel finden Sie drei Möglichkeiten für Jira als PMO-Tool. Lernen Sie, wie Sie Jira für eine bessere High-Level-Übersicht des Projektportfolios sowie für Ihre Fortschrittsmessung nutzen können und was Sie unbedingt beachten sollten.
Das sind die Themen, die auf Sie warten:
- Welche PMO-Aufgaben können Jira und Confluence unterstützen?
- Tipp 1: Jira für den Projektüberblick – Möglichkeiten und Grenzen
- Tipp 2: Jira Dashboards und Roadmaps für bessere Übersicht
- Tipp 3: Einfacher arbeiten durch Integration von Jira mit Microsoft Project
- Fazit – Jira lässt sich für PMO-Zwecke einsetzen, mit Grenzen
Legen wir los mit zwei kurzen Definitionen.
Was ist Jira?
Atlassian Jira ist ein webbasiertes Tool für Aufgabenmanagement, Projektmanagement und Fehlerverwaltung. Es kommt hauptsächlich bei Teams in der Produkt- und Softwareentwicklung zum Einsatz. Agil arbeitende Teams werden unterstützt mittels verschiedener Projekt- und Boardtypen (z.B. Kanban, Scrum, Projektmanagement u.v.m.)
Was ist Confluence?
Atlassian Confluence ist eine webbasierte Wiki-Software, die die interne Zusammenarbeit in Projektteams und im Unternehmen unterstützt. Das Tool integriert hervorragend mit Jira und bietet in dieser Kombination beste Voraussetzungen für agil arbeitende Teams.
Welche PMO-Aufgaben können Jira und Confluence unterstützen?
Jira ist vor allem für Aufgabenmanagement gedacht und bildet dabei die Realitäten verschiedener Teams durch diverse Projekt- und Boardtypen gut ab. Es ist aber kein vollumfängliches Tool für Projekt- oder Portfoliomanagement wie Microsoft PPM oder Planisware . Dies gilt auch dann, wenn Sie Jira mit Confluence für die Dokumentation kombinieren. Außerdem bietet Jira ServiceDesk (eine weitere App aus der Atlassian Suite) mehr Funktionalitäten für Support-Teams.
Die Umfrage aus Ende 2021 zu PMO-Tools zeigte als Ergebnis: Die meisten Antwortenden aus dem PMO-Umfeld verwenden Jira vor allem für:
- Issue-Management,
- Change Requests
Weniger zum Einsatz kommt es für Statusberichte und Kapazitätsplanung – und gar nicht für Kostenplanung oder Stakeholderanalyse. Dabei sind diejenigen, die Jira für die genannten Zwecke verwenden, im Schnitt sehr zufrieden mit dem Tool.
Die Umfrage hat weiterhin ergeben: Am besten arbeiten PMOs mit einer Kombination geeigneter und miteinander synchronisierter Tools für die jeweiligen PMO-Aufgabenbereiche.
Aus der PMO-Umfrage haben wir für diesen Artikel wichtige Arbeitsbereiche des PMO ausgewählt. Nun soll die Frage beantwortet werden, wie diese Bereiche mithilfe der Atlassian Toolsuite gut abgebildet werden können:
- Projektliste
- Multi-Projektberichte
- Ideenpipeline
- Projektanträge und -aufträge
- Change Requests
- Issue-Management
- Projektstatusberichte
- Ist-Stunden-Erfassung und Ressourcenplanung im Projekt und im Team
Hinweis: Die folgenden Tipps betrachten der Einheitlichkeit halber Jira / Confluence Cloud mit Spracheeinstellung auf Englisch. Falls Sie in Ihrem Unternehmen eine On-Premise- / Data-Center-Version und/oder eine deutsche Spracheinstellung nutzen, kann es sein, dass der Funktionsumfang oder die Terminologie abweichen.
Bitte beachten Sie auch: Die folgenden Tipps benötigen etwas Vorwissen in Jira. Wenn Sie mit Jira noch nicht gearbeitet haben, dann ist das Verständnis der Tipps nicht immer einfach.
Kostenloser Download (PDF): Für jede Rolle die richtige Software zur Ressourcenplanung
Lesen Sie hier die Anforderungen an eine leistungsfähige Ressourcenplanungs-Software für alle beteiligten Rollen im Projektumfeld.
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Tipp 1: Jira für den Projektüberblick – Möglichkeiten und Grenzen
Gehen wir nun die oben genannten PMO-Aufgabenbereiche hinsichtlich mehr Projektüberblick durch:
Projektliste
In Jira sehen Sie unter „Projects“ – „View All Projects” eine Liste aller Projekte in Ihrer Jira-Instanz, auf die Sie Zugriff haben. Diese Liste können Sie in Ihren Profileinstellungen auch als Standard-Startansicht nach dem Einloggen in Jira festlegen.
Multi-Projektberichte
Sie können die Arbeit verschiedener Teams in Jira-Dashboards tracken – mehr dazu in Tipp 2.
Ideenpipeline
Für Ideensammlungen lohnt es sich, ein eigenes, unternehmensverwaltetes Projekt in Jira anzulegen (oder durch Ihre Jira-Administratoren anlegen zu lassen, wenn nur diese über Berechtigungen zur Projekterstellung verfügen), etwa vom Typ Software Kanban. Kanban deshalb, da Sie dort die Spaltenbenennungen des Boards umkonfigurieren können:
Projektanträge und -aufträge
Neue Projektanträge können Sie, ähnlich wie durch eine Ideenpipeline, als Issues in ein dafür angelegtes Jira-Sammelprojekt eintragen. Praktischerweise lässt sich dies über den Issue-Workflow und die Spaltenanordnung auch mit einem Genehmigungsprozess versehen. Alternativ kann für jede Projektidee gleich ein eigenes Jira-Projekt erstellt werden.
Sobald der Text etwas ausführlicher werden soll, können Sie dabei jedoch an Grenzen stoßen. Dafür nutzen Sie dann Confluence und binden die dort erstellten Dokumente einfach in Jira ein.
So gehen Sie dabei vor: Erstellen Sie einen eigenen Confluence-Space für Ihr Projekt und darin eine Seite nach einer der verfügbaren Vorlagen. Dann können Sie in Jira diese Seite oder auch den gesamten Space verlinken.
Nutzen Sie die „Project Kickoff“-Vorlage in Confluence. Alternativen sind die Templates “Project poster“, „Master project documentation“, „Project plan“ und einige weitere, die dieser ähnlich sind.
Wenn Confluence an Jira angebunden ist, können Sie in einem Issue über das Drop-Down-Symbol neben „Link Issue“ auf „Link Confluence Page“ gelangen (siehe folgenden Screenshot) …
… und dann wird die Seite im Issue als Verlinkung aufgeführt.
Change Requests
Als Issuemanagement-System ist Jira gut für eine Verwaltung und Abarbeitung einer Change-Request-Liste geeignet. Hierfür können ein eigener Workflow und eigene Issuetypen durch Jira-Administratoren (bei unternehmensverwalteten Projekten) oder durch Projektadministratoren (bei teamverwalteten Projekten) erstellt werden.
Wenn Sie Jira Service Desk angebunden haben, finden Sie dort bereits einen eigenen Change-Workflow: Change management | Jira Service Management Cloud | Atlassian Documentation.
In vielen Fällen können Änderungen aber auch einfach mithilfe von Storys auf einem Kanban-Board betrachtet und verfolgt werden. Dann kann man sie nach Genehmigung schnell in die Umsetzung bringen.
Ein Kanban-Board kann von Projektadministratoren so konfiguriert werden, dass es nur gewünschte Inhalte anzeigt – wie zum Beispiel alle Change Requests.
Grundsätzlich bietet Jira die Möglichkeit, bei einem „Resolved“- oder „Closed“-Zustand mit einem „Fixed“ oder „Won’t Do“ im Resolution-Feld die getroffene Entscheidung für oder gegen die Umsetzung eines Änderungswunsches transparent zu machen. Voraussetzung dafür ist, dass das „Resolution“-Feld im Projekt von der Jira-Administration als bearbeitbar konfiguriert wurde.
Issue-Management
Dies ist die Kernaufgabe von Jira als Software-Tool. Es bietet hierfür sehr viele Möglichkeiten zur Konfiguration und auch Vorlagen. Mittlerweile können Teams ihre Projekte in Jira Cloud sogar auch weitergehend selbst konfigurieren.
Unser Tipp: Sehen Sie sich die Unterschiede zwischen unternehmens- und teamverwalteten Projekten HIER an.
Projektstatusberichte
Eine Projektübersicht lässt sich gut mit Jira-Dashboards erstellen. Für ausführlichere Statusdokumentation finden sich in Confluence Vorlagen:
Ist-Stundenerfassung und Ressourcenplanung im Projekt und im Team
Hierfür bietet Jira einige Möglichkeiten, die nicht sehr bekannt sind. Dazu gehören Zeiterfassungs-Funktionen in Issues sowie Auswertungen.
Das „Time tracking“-Feld in Jira-Issues dient zur Erfassung von Plan- und Ist-Bearbeitungszeiten. Wenn diese regelmäßig und gut gepflegt sind, lassen sich Berichte über Zeiterfassungen und Arbeitslast erstellen (siehe folgende Screenshots).
Wenn Ihnen diese Funktionen nicht ausreichen, können Sie mit „Tempo Planner“ (lizenzpflichtig) für Jira eine der verbreitetsten Apps des Atlassian Marketplace nutzen. Damit erhalten Sie noch deutlich mehr Funktionalitäten für Ihre Ressourcenplanung.
Was Jira mit Bordmitteln nicht kann, ist die projektübergreifende Ressourcen-Einplanung für eine Harmonisierung der Ressourcensituation in Projekten und Linie. Mit der App „Tempo Planner“, ebenfalls aus der Tempo-Suite, ist dies möglich. Beispiele wie im folgenden Screenshot zu sehen, finden Sie unter Viewing Reports – Tempo Server – Tempo Help Center – Confluence (atlassian.net)
Beispiele wie das folgende finden Sie unter Tempo Planner – Resource Planning | Atlassian Marketplace
Eine weitere Möglichkeit ist die Nutzung von Jira und Microsoft Project (mehr dazu in Tipp 3).
Unser Tool-Tipp: Wollen Sie Ihre PMO-Ressourcen übersichtlich und gut verwalten oder die Ressourcenabstimmung zwischen Projekt und Linie optimal unterstützen? Dann sehen Sie sich dieses Tool zur Ressourcenplanung an.
Tipp 2: Jira-Dashboards und Roadmaps für bessere Übersicht
In Jira-Projekten können Sie Reports erstellen. Außerdem bietet Jira die Möglichkeit, unter Dashboards auch projektübergreifend eigene Statistiken und Übersichten zu kreieren.
Reports in Jira lassen sich nur für ein bestimmtes Projekt erzeugen. Über die Projektseitenleiste gelangen Sie mit dem Punkt „Reports“ zu einer Vielzahl an Berichten. Solange die Daten in Ihren Projekten vorhanden und gut gepflegt sind, können diese bereits sehr aussagekräftig sein.
Noch mehr Möglichkeiten bieten Jira-Dashboards: Mit ihnen können Sie in Jira ähnliche Daten aus einem oder mehreren Jira-Projekten aggregieren und stets aktuell in einer von Ihnen gewählten Auswahl und Anordnung darstellen lassen. Dabei haben Sie mehr Einstellungsmöglichkeiten als mit reinen Projekt-Reports. Dashboards können Sie außerdem mit anderen Nutzern teilen.
Jira-Dashboards bestehen aus sogenannten „Gadgets“, die Daten in bestimmter Form darstellen (ähnlich wie in Reports), aber konfigurierbar sind. Die folgenden Dashboard-Gadgets können Ihnen dabei besonders hilfreich sein:
- Projects: Eine einfache Liste aller Projekte in Jira, auf die das Dashboard betrachtende Nutzer Zugriff haben. Ein Klick auf den Projektnamen bringt Nutzer direkt in das Projekt in Jira.
- Created vs. Resolved: Zeigt in einer Übersicht, wie viele Issues in einem gewählten Projekt neu eröffnet wurden und wie viele fertiggestellt wurden. Auch dieses Gadget lässt sich über einen entsprechenden Filter, der mehrere Projekte umfasst, für mehr als ein Projekt einrichten. Das folgende Beispiel zeigt Dummy-Daten aus der TPG-Trainingsinstanz. In aktiv und länger genutzten Produktivprojekten können Sie die Ergebnisse noch deutlich granularer darstellen. Sie können besonders dann hilfreich sein, wenn es um die Nachvollziehbarkeit der Effektivität von Fehlerbehebung in einem Produkt geht:
- Wenn Sie in einem PMO für agile Teams arbeiten, dann könnte das „Sprint Health“-Gadget interessant für Sie sein. Zwar kümmern sich selbstverwaltende Scrum-Teams selbst um die „Gesundheit“ ihrer Sprints, aber das PMO kann damit auf lange Sicht Entwicklungen nachverfolgen und den Teams bei Bedarf Unterstützung anbieten.
- Jira Road Map: Dieses Gadget zeigt Ihnen an, welche Versionen der Software-Projekte (im Gadget ausgewählte oder „alle Projekte“) geplant sind und wie die Arbeit an diesen Versionen voranschreitet.
Das „Jira Road Map“-Gadget gehört zur Roadmap-Funktionalität in Jira. Diese ist in der Standard-Jira-Lizenz ein einfaches, manuell anpassbares Schwimmbahnen-Diagramm für die Zeitplanung mithilfe von Epics und den darin enthaltenen Issues. Der folgende Screenshot zeigt eine einfache Epic- und Issueplanung in Basic Roadmaps mit teilweise manuell anpassbaren Zeitplanungen.
Richtig interessant für PMOs wird Jira Road Map mit der Advanced Road Map, die in Premium- und Enterprise-Lizenzen enthalten ist. Diese kann unter anderem auch Abhängigkeiten zwischen Issues feingranular darstellen und somit einen guten Überblick über den Stand der Arbeit in einem oder mehreren Projekten liefern.

Visualisierung von Abhängigkeiten in Advanced Road Map (Screenshot aus Dependency visualisation report for Advanced roadmaps (atlassian.com)
PMOs können sich also grundsätzlich mithilfe von Jira einen Überblick über den Arbeitsstatus in Projekten verschaffen. Allerdings gibt es hier auch Grenzen, wie bereits anfangs erwähnt:
Komplettübersichten mit allen für das übergeordnete Projekt- und Portfoliomanagement relevanten Daten bietet Jira auch mithilfe von Dashboards oder Roadmap kaum.
Apps aus dem Atlassian Marketplace für diesen Zweck (z.B. die erwähnte Tempo-Suite, aber auch Big Picture oder Structure) bereichern Jira hier zwar um einige wichtige Aspekte. Selbst dann können die Lösungen aber mit vollumfänglichen PM-Softwaretools nicht mithalten.
Um zu einer solch „paradiesischen“ Situation für PMOs zu kommen, hilft Ihnen eine Multi-Softwareumgebung wie im folgenden Tipp 3 näher beschrieben. In unserem Blogartikel „Die optimale Umgebung für Multiprojektmanagement – „The PPM-Paradise“ finden Sie weitere wertvolle Hinweise.
Tipp 3: Einfacher arbeiten durch Integration von Jira mit Microsoft Project
Mit der Middleware TPG PSLink© können Sie Microsoft Project und Atlassian Jira so miteinander verbinden, dass sich Daten zwischen beiden Anwendungen synchronisieren lassen. Dies bietet sich besonders auf der Ebene von Phasen / Versionen sowie Arbeitspaketen / Epics an:
Zurück nach MS Project lassen sich Arbeitsstatus der Issues, Schätzungen etwa in Story Points und die Ist-Werte übertragen (mehr dazu in unserem Blogartikel „Integration MS Project mit Jira oder TFS / DevOps (3 Anwendungsfälle)“):
Sobald diese Daten zwischen den beiden Tools synchronisiert wurden, können Sie die Möglichkeiten von Microsoft Project zur Berichterstattung bequem auf Basis aktueller operativer Daten nutzen (siehe auch „PMO-Berichte: Beispiele für Projekt- & Portfoliomanagement (Update 2021)“. Die Teammitglieder des Projekts müssen bei dieser integrierten Lösung keine zwei Tools parallel pflegen. Das erhöht die Akzeptanz und Datenqualität.
Fazit – Jira lässt sich für PMO-Zwecke einsetzen, mit Grenzen
In diesem Artikel haben Sie gelernt, wie Sie Jira bei den verschiedenen PMO-Aufgaben mal mehr und mal weniger unterstützen kann. Als beliebtes Tool für Aufgabenmanagement hat Jira, trotz der vielen erhältlichen Apps, im PMO-Umfeld auch seine Grenzen.
Besonders wenn es um die Darstellung von Projektübersichten und -portfolios geht, kann Jira nicht mit den genau für solche Zwecke gedachten PPM-Tools mithalten. Ideal ist allerdings die Kombination aus PPM- und Aufgabenmanagement-Tools durch eine Integration. Damit lassen sich die Daten zwischen beiden Welten austauschen und sind immer synchron bzw. aktuell. Auch arbeiten die Projektmanager und Teammitglieder mit den für sie gewohnten Tools. Das erhöht die Akzeptanz und Qualität der Daten – wichtig für fundierte und schnelle Entscheidungen im Projektverlauf.
Dieser Artikel zu Jira als PMO-Tool ist der erste einer Reihe, in der wir die Möglichkeiten mit Jira für verschiedene Rollen beschreiben. Noch in diesem Jahr folgen die Beschreibungen zu Jira für Product Owner, Scrum Master, Projektmanager und Entwickler.
Kennen Sie weitere nützliche PMO-Tools? Oder nutzen Sie Jira bereits als PMO-Tool? Dann teilen Sie uns diese gerne in den Kommentaren mit!
Über die Autorin:Antje Lehmann-Benz, PMP, ist Trainerin für Projektmanagement mit einem besonderem Schwerpunkt auf agilen Themen und Scrum Seminaren. Außerdem hat sie Erfahrung in Software-Trainings (JIRA, Confluence) und -Beratung. Neben der Vermittlung von Frameworks und theoretischen Inhalten hat sie Erfahrung in der Anwendung von Agile Games und praktischen Übungen zur Vertiefung der gelernten Inhalte.