Agiles IT-Projektmanagement bei OEMs – ein Status quo?

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Auch OEMs und Zulieferer gehen der Weg in die Agilität unaufhaltsam weiter. In den vergangenen Jahren haben sich auch große Unternehmen an agile Methoden, vorzugsweise in der Softwareentwicklung, herangewagt. Agiles IT-Projektmanagement liegt im Trend!

In diesem Artikel lesen Sie einen Überblick und Tipps zu den Themen:

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Kostenloser Download (PDF): PM-Methoden – agil, klassisch oder hybrid? (ein Vergleich)

Lesen Sie in diesem PDF eine Gegenüberstellung von agilen, klassischen und hybriden Projektmanagement-Methoden.
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Das Unterschiedliche Verständnis von Agilität

Das Top-Management entscheidet, agile Vorgehensweisen wie Scrum, Kanban oder DevOps einzuführen. Eine Governance-Abteilung wird damit beauftragt, auf das Unternehmen angepasste Modelle zu den Methoden zu entwerfen und zu schulen. Externe Berater wirken hierbei in der Regel mit. Nach ein paar Monaten steht das Konzept und Mitarbeiter sind flächendeckend geschult.

Agiles IT-Projektmanagement, Ansatz bei klassischem und agilem Projektmanagement

Der unterschiedliche Ansatz bei klassischem und agilem Projektmanagement

Doch wie lassen sich die Methodik und vor allem das Mindset in der Organisation bestmöglich vermitteln, so dass ein gemeinsames Verständnis entsteht? Wie binden Sie externe Partner ein, die womöglich eigene Adaptionen der theoretischen Modelle haben? Und wie motivieren Sie Mitarbeiter, die über Jahrzehnte andere Methoden angewandt haben und Neuerungen skeptisch gegenüberstehen?

Bei nahezu jedem Projektstart stehen wir noch immer vor genau diesen Herausforderungen. Projektleiter beim Kunden werden zu Scrum Mastern umbenannt, die Stakeholder aus dem Fachbereich heißen nun Product Owner, haben aber leider keine Trainings absolviert. Und externe Beratungsfirmen werden für reine Entwicklungsleistungen nach Scrum beauftragt. Schnell sind Meetings aufgesetzt und der erste Sprint beginnt.

Agiles IT-Projektmanagement, Defintion of Done

Prozess zur Abarbeitung von Product Backlog Items (PBI) über Definition of Done Kriterien (Quelle: Scrum Events)

Jedoch sind User Stories oftmals nicht spezifisch genug oder es wurden zu generische Definition of Done (DoD)- bzw. Definition of Ready (DoR)-Kriterien definiert. In ausgeprägten Fällen zieht sich dieser Zustand sogar über mehrere Sprints – schließlich muss man ja dem Fachbereich etwas zeigen können – und es bleibt somit keine Zeit, grundlegende Dinge zu klären. Ein agiles Verständnis auf Projektebene allein reicht hier nicht aus.

Wenn die Unternehmensphilosophie bzw. -kultur konträr zu den agilen Werten ausgerichtet ist, gestaltet sich der Kulturwandel als schwierig (vgl. u. a. Management 1.0 vs. Management 3.0).

Agiles IT-Projektmanagement, Vorgehensweise klassisches, agiles und hybrides Projektmanagement

Einstufung der Vorgehensweise nach Anforderung und Lösungsansatz

Aber genau diese Zeit ist essenziell für den Projekterfolg: Rahmenbedingungen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten sollten vorab mindestens im gesamten Projektteam besprochen und fixiert werden. Der Kulturwandel muss aber durch das gesamte Unternehmen getrieben werden, allem voran durch das Top Management.

Ein gemeinsames Verständnis, wie im Projekt vorgegangen werden soll, ist die Basis für die spätere Zusammenarbeit.

  • Auf welchem Level stehen die Projektbeteiligten?
  • Müssen Vorgehensweisen wegen fehlenden Know-hows oder mangelnder Verfügbarkeit angepasst werden?
  • Wie kann das Projektteam das an der einen oder anderen Stelle kompensieren?
Design Thinking Prozess, Taktung bei hybriden Vorgehensweisen

Taktung bei hybriden Vorgehensweisen mit internen und externen Projekten

Dies muss nicht zwingend in agiler Reinform erfolgen. Hybride Methoden sind oft erfolgversprechender, da sich die Beteiligten hierbei noch etwas einfacher orientieren können. Sofern die Bereitschaft bei den Projektbeteiligten vorhanden ist, kann durch Team- und Rollencoaching eine signifikante Verbesserung in der Zusammenarbeit über die Projektlaufzeit erzielt werden.


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Produktvision und Roadmap

„Wir arbeiten Agil, wir brauchen keinen Plan!“

Diesen Satz werden viele schon das eine oder andere Mal gehört haben. Jedoch ist Agilität nicht mit Chaos zu verwechseln. Zwar ist es korrekt, dass in einer iterativen Vorgehensweise schneller sichtbare Inkremente vorzeigbar sind und Anpassungen gegebenenfalls früher in ein Produkt einfließen, nichtsdestotrotz sollte ein Produkt dem Nutzer am Ende einen Mehrwert bieten können. Ohne Produktvision und klare Roadmap, welche Ziele wann erreicht werden sollen, verliert man sich gerne im Detail und wird mit den vielfältigen Anforderungen von Stakeholdern überhäuft.

Wer kein klares Ziel vor Augen hat, lässt sich auch leichter vom Weg abbringen. Deswegen sollte allen im Team sowohl die langfristige Vision als auch das nächste Etappenziel klar und verständlich sein. Zu wissen, wofür man etwas tut, ist ein großer Motivator und hilft dabei, den Fokus zu behalten.

Wie Dan Pink in seinem erfolgreichen Buch „Drive – The Suprising Truth About What Motivates Us“ beschreibt, ist die Sinnstiftung (Purpose) einer der drei wichtigsten Motivationsfaktoren in der heutigen Arbeitswelt.

Eine klare Zielsetzung bei Projekt- bzw. Produktstart inklusive Planung einer Roadmap oder Erstellung eines groben Meilensteinplans hilft am Mehrwert des Produktes zu arbeiten sowie den Product Owner bei seiner Arbeit zu unterstützen. Durch den ständigen Vergleich des aktuellen Produkts mit der Produktvision lässt sich das Product Backlog besser priorisieren und lassen sich Diskussionen mit Stakeholdern einfacher führen. Ob der Button oben rechts und blau oder unten links und grün ist, hilft im Zweifelsfall der Funktion des Produktes nicht wirklich weiter. Verschwenden Sie damit nicht unnötig kostbare Zeit und Kapazitäten.

agiles it-projektmanagement: Design Thinking Prozess

Der Design Thinking Prozess

Unter Zuhilfenahme von Methoden wie Design Thinking finden Sie bei der Gestaltung der Vision die Nutzeraspekte heraus, welche Sie dann z. B. in einem Business Model Canvas oder Product Vision Board festhalten. Ein weiterer Vorteil des Business Model Canvas ist, dass es als Entscheidungsvorlage bei der Diskussion mit den Produktsponsoren dienen kann.

Unser Tipp: Lassen Sie Ihre fertige Vision vom Nutzer verifizieren. So laufen Sie nicht Gefahr, den Nutzer abzuhängen.

Agiler Festpreis

Das Verständnis im Team oder gar im Unternehmen hat einen gemeinsamen Nenner gefunden, die Produktvision steht und ist mit dem gesamten Team abgestimmt. Dann könnte es ja nun endlich losgehen? Wären da nicht Einkauf und Rechtsabteilung.

Nun gilt es dieses Projektkonstrukt als Festpreis zu verpacken, um Dienstleister an Bord holen zu können. Verständlicherweise sichern sich Unternehmen ab, um Vergleichbarkeit zwischen Lieferanten herzustellen und einen Teil des Projektrisikos auf die Dienstleister übertragen zu können. Die zu erbringende Leistung, welche noch nicht spezifiziert ist, wird in Minigewerke verpackt.

Als Referenz werden im schlimmsten Fall User Stories herangezogen, die so niemals umgesetzt werden. Die daraus resultierenden „festpreisfähigen“ Einheiten, ob Story Points, User Stories oder T-Shirts, dienen als leere Hülle für zukünftige Umsetzungsthemen. Man nimmt sich ein leeres M T-Shirt und bedruckt es vor dem Sprint mit einem Logo (User Story), das so in etwa darauf passt. Ob die Abstufungen zwischen den T-Shirts passen, das wird die Zeit zeigen.

An dieser Stelle ist Flexibilität und Zusammenarbeitswille der Stakeholder gefragt. Eine gemeinsame Schätzung mit dem ganzen Team erhöht das Verständnis auf beiden Seiten. Zudem sollten Sie vorab klären, welche Leistungen in einem Story Point oder einem T-Shirt enthalten sind.

Scrum-Training abgestimmt auf Einsteiger – lernen Sie die Grundlagen und Sie sind sicher auf die PSM-Prüfung vorbereitet. Hier finden Sie die aktuellen Seminartermine bei TPG The Project Group. 

Offenheit und Transparenz im Team bewirken Wunder. Folgende Punkte sollten Sie dafür beachten:

  • Werden Governance-Aufwände und Meetings über die bestehenden User Stories verteilt oder werden diese extra verrechnet?
  • Wird die reine Entwicklungsleistung geschätzt oder sind Detailkonzeption und Testing dabei?
  • Was ist mit dem anschließenden Deployment?

 

Auch der Umgang mit potenziellen Leerläufen sollte nicht außer Acht gelassen werden. Wenn von heute auf morgen Budgets gestrichen werden oder der Fachbereich urlaubsbedingt keine User Stories spezifiziert hat, besteht die Gefahr, dass die Teams nicht mehr umsetzen und auch nicht verrechnen können.

Ein zweites technisches Backlog, welches z. B. Dokumentation, Technische Schulden oder Optimierungsmaßnahmen wie Refactoring oder Testautomatisierung enthält, kann Leerläufen vorbeugen und bietet dem Produkt einen Mehrwert.

Ein agiler Kommentar zum Thema Festpreis:

Leider wird mit der Klärung von Pseudo-Festpreisen und den Aufgaben, das auch organisatorisch richtig abzubilden und abzurechnen, viel Aufwand betrieben. Dies bringt aber für das zu entwickelnde Produkt keinen Mehrwert. Wenn Sie ein Team zusammenstellen und für eine voraussichtliche Projektlaufzeit so beauftragen, dass das Team Vollzeit für das Produkt arbeiten kann, ist es möglich bei gleichem Risiko mehr wertvolle funktionale und nichtfunktionale Anforderungen umsetzen.

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Fazit

Die Agilität der OEMs und Zulieferer schreitet unaufhaltsam voran, und wird überwiegend, aber nicht nur in den IT-Abteilungen prozessual gelebt. Die Durchdringung der Mitarbeiter ist geschafft, nun gilt es noch den Reifegrad zu erhöhen und vor allem am agilen Mindset zu arbeiten.

Zusammenfassend können Sie folgende Aspekte nutzen, um den Reifegrad zu erhöhen, das Mindset zu stärken und den Projekterfolg zu maximieren:

  • Schaffen Sie zu Projekt- bzw. Produktanfang ein einheitliches Verständnis im Team. Dies muss nicht zwingend Scrum nach Lehrbuch sein.
  • Achten Sie auf die Formulierung einer klaren Produktvision und definieren Sie einen Meilensteinplan. Somit können Sie prüfen, ob Ihre Arbeit auf das Produkt einzahlt und Sie behalten den Fokus bei.
  • Definieren Sie gemeinsam mit dem gesamten Team Schätzverfahren und klären Sie die Leistungsinhalte der abrechenbaren Einheiten (Story Points, T-Shirts, User Stories). Somit vermeiden Sie unnötige Diskussionen während der Umsetzung und können ein festpreisfähiges Konstrukt inklusive externer Leistung bauen.
  • Versuchen Sie Leerläufe durch Optimierung, technische Verbesserung oder Weiterbildung des Teams zu verringern. So können Sie das Team auf dem gleichen Auslastungslevel halten und riskieren nicht, dass ein eingespieltes Team verkleinert werden muss.

Haben Sie noch Fragen? Hinterlassen Sie einfach einen Kommentar unten oder schreiben Sie an info@theprojectgroup.com. Wir antworten Ihnen dann schnellstmöglich.


Nils SchweizerÜber den Autor:
Nils Schweizer

Nils Schweizer ist seit seinem abgeschlossenen Studium als Dipl.-Kfm. (Univ.) und B. Sc. seit Jahren im Projekt- und Servicemanagement Umfeld aktiv und verfügt über abgeschlossene Zertifizierungen nach Prince2, ITIL V3 und  PSM1. Nachdem Herr Schweizer bei MAN, BMW und Siemens wertvolle Einblicke in die Welt der OEMs gesammelt hatte, unterstützte er die Sulzer GmbH beim Aufbau der USA-Niederlassung. Seit 2018 leitet er im Unternehmen das Projektmanagement über alle Standorte hinweg.

Mehr über Nils Schweizer auf Linkedin und Xing.

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